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Wien – Kaum lässt die Corona-Krise wieder klassische Konzertklänge zu, ist Julian Rachlin da: Anfang Juni im Musikverein mit später Kammermusik von Beethoven (und mit Cornelius Obonya), bald darauf in einem Tiroler Luxushotel mit einer Strauss-Lied-Bearbeitung (und mit Michael Schade). Und Ende August wird der Wiener Geiger in Grafenegg mit dem RSO Wien musizieren, sowohl solistisch als auch als Dirigent.

Im Konzerthaus interpretiert Rachlin gerade an vier Abenden en suite mit vier Pianisten und Pianistinnen jeweils zweimal alle Violinsonaten Beethovens. Am Dienstagabend eröffnete der 45-Jährige den Zyklus mit Magda Amara und bewältigte den Beginn dieser Tour de Force mit beeindruckender Souveränität, mit Elan, Feingefühl, Detailgenauigkeit und interpretatorischem Abwechslungsreichtum.

Verfolgungsrennen auf Samtpfoten

Von robuster, handfester Vitalität die Eröffnung der D-Dur-Sonate op. 12/1. Rührend und innig, aber nie schmalzig das Thema des langsamen Variationssatzes, nach einem samtenen Beginn auch im Lyrischen mit einer Festigkeit im Ton. Ein wieselflinker Paarlauf, ein Verfolgungsrennen auf Samtpfoten dann der Kopfsatz der A-Dur-Sonate op. 12/2, Amara und Rachlin bewiesen sich als Hochleistungssportler der Feinfühligkeit.

Winzige Details könnte man bei der abschließenden Interpretation der Frühlingssonate kritisieren: Die Viertelpausen nach den ersten beiden Themenphrasen überpinselte Rachlin großflächig, kurz danach waren die neckischen Staccati der aufsteigenden Achtel als solche nicht erkennbar. Und im Adagio agierte der Geiger zu Beginn als hintergründiger Begleiter des Klavier-Hauptthemas (das Amara aber auch superdezent interpretierte) mitunter etwas vorlaut. Ein von drängender jugendlicher Schwärmerei erfülltes Rondo beendete das zweite Konzert des ersten Abends, das 200 Hände im Großen Saal des Konzerthauses begeistert beklatschten. (sten, 17.6.2020)