Ein Weißer Hai vor der Küste von New South Wales.
Foto: Richard Grainger/University of Sydney

Das Filmplakat zu Steven Spielbergs "Der weiße Hai" mit dem riesigen Haikopf, der aus der Tiefe emporsteigt und auf eine ahnungslose Schwimmerin zuhält, ist in die Kulturgeschichte eingegangen. Sogar noch ikonischer ist das Bild von der dreieckigen Rückenflosse, die durch die Wasseroberfläche bricht – Sinnbild für einen Hai auf der Jagd.

Derlei Bilder dürften aber nicht so typisch für das Leben eines Weißen Hais sein, wie wir vermuten, sagt der Biologe Richard Grainger von der Universität Sydney. Zumindest in seinen ersten Jahren ist es viel wahrscheinlicher, dass sich der Meeresräuber am anderen Ende der Wassersäule aufhält: am Meeresboden. Das zeigte eine Untersuchung australischer Forscher, die im Fachjournal "Frontiers in Marine Science" veröffentlicht wurde.

Was gefressen wird

Das Team um Grainger analysierte den Mageninhalt von 40 jugendlichen Exemplaren des Weißen Hais (Carcharodon carcharias), die vor der australischen Ostküste gefangen worden waren. Darüberhinaus wurden die Ergebnisse mit Daten aus anderen Regionen verglichen, insbesondere aus Südafrika, wo es ebenfalls eine beachtliche Population von Weißen Haien gibt.

So sieht es übrigens aus, wenn man den Mageninhalt eines Hais sortiert.
Foto: University of Sydney

Im Schnitt stammte etwa ein Drittel des Mageninhalts der Haie von Fischen wie Lachsbarschen, die im Pelagial leben, also mitten in der Wassersäule. Bereits die nächstgrößere Nahrungsgruppe (mit 17,4 Prozent) machten aber Fische aus, die am Meeresboden leben oder sich sogar in diesen eingraben: Seezungen, Himmelsgucker, Plattköpfe und andere. Überreste von Meeressäugetieren, Kopffüßern und anderen Haien fanden sich in den Mägen hingegen kaum.

Veränderter Lebensstil

Im ersten Abschnitt ihres Lebens scheinen sich Weiße Haie also weitgehend von der Oberfläche fernzuhalten. Das ändert sich allerdings mit der Zeit – laut Grainger ungefähr dann, wenn die Haie auf mehr als zwei Meter Länge angewachsen sind. Je größer Haie werden, desto mehr steigen sie auf fettreiche Kost um – und machen daher auf andere Beute und damit auch zunehmend in anderen Wasserschichten Jagd.

Mit Trackern versehene Haie haben bereits gezeigt, dass die Tiere mit steigendem Alter immer längere Wanderungen unternehmen. Rekordhalter sind Exemplare, die innerhalb eines Jahres von Südafrika nach Australien und wieder zurück geschwommen sind – eine Reise von 20.000 Kilometern. Der Diätwechsel ist den australischen Forschern zufolge unmittelbar mit dem erhöhten Kalorienbedarf der Tiere verbunden, um solche enormen Wanderungen absolvieren zu können. (jdo, 18. 7. 2020)