SPÖ-Mann Kai Jan Krainer und Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper wollen das gesamte Ibiza-Video sehen.

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Wien – Die Opposition kritisiert die Ankündigung von Justizministerin Alma Zadić (Grüne), dem Untersuchungsausschuss nicht das gesamte Ibiza-Videomaterial zur Verfügung zu stellen. "Wir befürchten schon länger, dass wir von den Ämtern und Behörden nur zensurierte Unterlagen bekommen sollen", sagte SP-Fraktionschef Kai Jan Krainer der APA.

"Die Justizministerin irrt, wenn sie glaubt, dass die Justiz uns nicht das gesamte sichergestellte Material übermitteln muss", sagt die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. Sie verweist darauf, dass der Ausschuss auch die Ermittlungen der Sonderkommission prüfen soll. "Um zu wissen, ob objektiv und effizient ermittelt wurde, müssen wir wissen, was im Besitz der Ermittlungsbehörden ist", so Krisper. Daher habe der Ausschuss vorige Woche explizit das Rohmaterial angefordert.

Hoffen auf Plan B oder Umdenken

Sowohl Krainer als auch Krisper wollen nun prüfen, ob man das Videomaterial auch über andere Wege erhalten könnte. Der Anwalt eines der Beschuldigten in der Ibiza-Affäre hatte dem Ausschuss nämlich angeboten, das Video zu übermitteln. Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte das aber abgelehnt. Geprüft wird nun, ob man den Anwalt laden könnte, damit er das Video dem Ausschuss übergibt.

Krisper hofft aber noch, dass Zadić in dieser Causa umdenkt. Auch Krainer hält die Vorgehensweise für unverständlich: "Was für die politischen Untersuchungen von Relevanz ist, das sollte man dem Parlament überlassen. Wir entscheiden auch nicht, was von strafrechtlicher Relevanz ist. Das überlassen wir gerne der Staatsanwaltschaft."

Mittlerweile zog der Anwalt sein Angebot zurück. In einem der APA vorliegenden Mail bezog er sich auf die Argumentation von Sobotka, der Ausschuss dürfe möglicherweise rechtswidrig zustande gekommene Beweismittel nicht annehmen. "Ich möchte weder selbst eine Straftat begehen noch einen Dritten dazu zu veranlassen. Ich kann Ihnen daher nicht helfen", heißt es in der Absage Eisenbergs. Und weiter: "Es läge beim Ausschuss, eine Beschlagnahmeanordnung zu erwirken (so würde man das in Deutschland machen) oder bei den zuständigen Justizbehörden. Je nachdem könnte ich dann prüfen, ob ich weiter helfen könnte."

Hafenecker sieht "Armutszeugnis"

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker pocht ebenfalls darauf, dass der Ausschuss das ganze Video bekommt. Er sei enttäuscht, dass Zadić nun den gleichen Weg einschlage wie die ÖVP und Beweise zurückhalte. Die Ministerin reihe sich ein in die Verhinderer und Vertuscher Hafenecker befürchtet, dass der Ausschuss dann wohl auch den SMS-Verkehr zwischen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nicht bekommen wird.

Es sei ein "Armutszeugnis", dass zwei Parteien die Aufklärung im Parlament verhinderten – "das nimmt schön langsam totalitäre Züge an, was da passiert". Hafenecker überlegt, den Anwalt des Videoherstellers direkt nach dem Material zu fragen, um es dann auch den anderen Fraktionen zur Verfügung zu stellen. (APA, 18.6.2020)