Um einander Mut zu machen, wurden in der Zeit der Ausgangsbeschränkungen viele Fenster mit Regenbogen geschmückt. Nun braucht es auch Mut für wohnpolitische Eingriffe, finden Mieterschützer.

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Die gesundheitlichen Herausforderungen der Corona-Krise scheinen im Griff, "doch die wirtschaftlichen Auswirkungen werden noch länger andauern", sagte Georg Niedermühlbichler, Präsident der SP-nahen Mietervereinigung Österreichs (MVÖ), am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. Mit der Möglichkeit, Mietzahlungen zwischen April und Juni 2020 aufzuschieben, habe die Bundesregierung zwar "spät, aber doch" reagiert – "aber das ist nicht ausreichend", assistierte Geschäftsführerin Elke Hanel-Torsch.

"Erspartes geht zur Neige"

Die Stundungsmöglichkeit läuft nun aus und wurde bisher nicht verlängert (im Gegensatz zu jener für Kreditnehmer). "Zu Beginn der Krise konnten viele noch auf Erspartes zurückgreifen, doch das geht zur Neige", so Hanel-Torsch.

Die Mietervereinigung fordert deshalb nun einen "Sicher-Wohnen-Fonds", aus dem die Mieten für notleidende Mieter bezahlt werden sollen. Niedermühlbichler nannte auf Nachfrage die Größenordnung von "zumindest 100 Millionen Euro", die nötig seien, um Härtefälle abzufedern. Das Geld sollte die Bundesregierung bereitstellen, und es sollten nicht nur Wohnugsmieter, sondern auch Gewerbemieter darauf zugreifen können. Viele kleine Gewerbetreibende stünden vor dem Aus, denn die Geschäftsmieten sind weiter zu zahlen, doch die Umsätze brachen ein, berichtete Patrice Fuchs, Mieterin eines kleinen Geschäftslokals im 6. Bezirk, auf der Pressekonferenz.

Dabei müsse man allerdings sicherstellen, dass dieser Solidarfonds nicht dazu führt, dass ohnehin bereits überteuerte Mieten vom Staat gezahlt werden, betonten die Spitzen der Mietervereinigung. "Die Vermieter haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gute Gewinne gemacht", da könne man ihnen in der Krise auch einen gewissen Beitrag abverlangen, so Niedermühlbichler.

Befristungs-Verlängerung nur selten angewandt

Die Regierung hatte bekanntlich auch die Möglichkeit geschaffen, befristete Mietverträge, die bis Juni 2020 auslaufen, kurzfristig zu verlängern. Hierzu gab es zwar durchaus Anfragen, es habe sich in vielen Fällen aber gezeigt, dass die Vermieter hier nicht mitspielten, so Hanel-Torsch. Vermieter müssen der Verlängerung nämlich zustimmen, das hatte die Mietervereinigung von Anfang an kritisiert.

Aus Sicht der Bundesobfrau des Mieterschutzverbands, Barbara Walzl-Sirk, hätte es dieser Verlängerungsmöglichkeit gar nicht bedurft, es habe hier "keine große Nachfrage" gegeben, sagt sie dem STANDARD. Andere Forderungen der Mietervereinigung unterstützt sie aber. "Dass die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes ausgeweitet wird, ist schon lange überfällig", und kurzfristig hofft sie auch, dass die Stundungsmöglichkeit für Mieter noch ausgeweitet wird, zumindest bis Jahresende.

Die Mietervereinigung bleibt natürlich auch bei ihren teils schon langjährigen Forderungen: ein neues Mietrecht (am liebsten das von der SPÖ vorgeschlagene "Universalmietrecht"), die weitgehende Abschaffung von Befristungen, die Entrümpelung des Betriebskostenkatalogs und die Abschaffung der Maklerprovisionen für Mieter ("Bestellerprinzip").

Maklergebühren im Fokus

Und beim letzten Punkt gibt es auch bereits Aktivitäten. Wie DER STANDARD erfuhr, hat es in den vergangenen Wochen schon mehrere vom Justizministerium initiierte virtuelle Meetings zum Bestellerprinzip gegeben, demnächst will man sich auch erstmals in größerem Kreis im Ministerium physisch treffen. Einen ersten Entwurf erwarten Beteiligte gegen Ende des Sommers. (Martin Putschögl, 18.6.2020)