Von den österreichischen Parteien aus weht unterschiedlich starker Wind gegen die Haushalts-Pläne der EU-Kommission.
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ÖVP: Kurz auf der Bremse, was Karas missfällt

Auf Betreiben der ÖVP hat sich Österreich mit den Niederlanden, Schweden und Dänemark zu einer Allianz zusammengetan, die sich unter dem Begriff "Sparsame Vier" vermarktet. Nach ihrer Vorstellung soll der Wiederaufbaufonds nur Kredite vergeben, aber keine Zuschüsse auszahlen, von denen etwa Italien und Spanien besonders profitieren würden. Wohl wissend, dass sich ein bloßes Kreditprogramm gegen den Willen der deutsch-französischen Achse nicht durchsetzen lassen wird, hat Bundeskanzler Kurz allerdings zuletzt erklärt, dass es bei den Verhandlungen nun darum gehe, Zuschüssen – die laut Kommission zwei Drittel der 750 Milliarden ausmachen sollen – weniger Gewicht im Paket zu verleihen.

Der türkise Widerstand gegen das Vorhaben der EU-Kommission verärgert nicht nur den grünen Koalitionspartner, sondern auch EU-freundliche Parteikollegen, verkörpert durch den langjährigen Abgeordneten Othmar Karas. Er würdigt den Plan der Kommission und warnt vor dessen Blockade – wohl auch seinen Parteichef Kurz.

Grüne: Folgenloses Abweichen von der Regierungslinie

Bei der österreichischen Regierungslinie bezüglich Wiederaufbaufonds und EU-Budget haben die Grünen nicht viel mitzureden und tragen nolens volens die türkise Ablehnung des Plans der Kommission mit. Grüne Politiker haben in den vergangenen Tagen jedoch zu signalisieren versucht, dass sie die Haltung des Koalitionspartners nicht teilen. So unterschrieb die grüne EU-Delegationsleiterin Monika Vana einen Brief an die deutsche Regierung, in dem deren Einsatz für den Corona-Wiederaufbaufonds unterstützt wird.

Dass Österreich anteilige Garantien für die Anleihen des Fonds übernimmt und den von Corona besonders heimgesuchten Staaten hilft, sei ein Gebot der Solidarität. Durch die Stützung dieser Länder werde aber auch Österreich profitieren. Die Gelder sollten zudem noch stärker an Klimaziele gekoppelt werden. Um die Anleihen des Fonds in Zukunft zurückzahlen zu können, soll das EU-Budget nach Vorstellung der Grünen zusätzliche Einnahmequellen erhalten – etwa in Form einer europäischen CO2-Abgabe oder Digitalsteuer.

FPÖ: Kein Geld für andere und kein eigenes Konzept

Die FPÖ lehnt den Wiederaufbaufonds ab. Von Zuschüssen an die Mitgliedsländer hält sie nichts, insofern ist sie der auf Kredite fixierten ÖVP näher als der Kommission. Aber noch lieber wäre der FPÖ, dass man sich auch auf Haftungen für Kredite nicht einließe. Im Endeffekt würde Österreich ohnehin draufzahlen, weil Länder wie Italien oder Spanien ihre Kredite nie begleichen würden. An Hilfen für EU-Staaten, die schon vor der Corona-Krise hohe Schuldenstände verzeichneten, solle sich Österreich gar nicht erst beteiligen, zumal dies falsche Anreize in Sachen Haushaltsdisziplin setze.

Auch bei der Verhandlung des Finanzrahmens bis 2027 negiert die FPÖ alle Vorschläge, die dem EU-Budget mehr Eigenmittel angedeihen ließen – etwa in Form einer neuen europaweiten Steuer. Dies wäre für Delegationsleiter Harald Vilimsky ein "Tabubruch". Auch solle Österreich gegen höhere nationale Beiträge opponieren. Eigene Konzepte zur Bekämpfung der europäischen Rezession bietet die FPÖ nicht auf.

SPÖ: Für Corona-Zuschüsse und mehr EU-Eigenmittel

Die Sozialdemokraten begrüßen den Plan der EU-Kommission mit Schwerpunkt auf Zuschüssen als "historische Chance". Demgegenüber sei das österreichische Beharren bloß auf Krediten ein unsolidarischer Blockadeakt. Man riskiere solcherart eine Finanzkrise in Italien, was schnurstracks in eine noch teurere Eurokrise münden könnte.

Um das EU-Budget allgemein von nationalen Beiträgen und der steten Nettozahlerdebatte unabhängiger zu machen, plädiert die SPÖ für zusätzliche EU-Eigenmittel – zum Beispiel in Form einer Digitalsteuer oder Plastikabgabe auf europäischer Ebene.

Im Gegensatz zur Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die bei den Verhandlungen über den Fonds keine Eile geboten sieht, drängen die Roten auf einen zackigen Beschluss, damit auch die konjunkturbelebenden Investitionen der Unternehmen schnell anspringen können: "Time is money", sagt Delegationsleiter Andreas Schieder. Das Volumen des Pakets sei ein guter Anfang, müsse aber später aufgestockt werden.

Neos: Liberale Allianz unterstützt Kommission

Die Neos stehen dem Vorschlag der EU-Kommission positiv gegenüber. Sie halten die Zahlung von Zuschüssen für den richtigen Weg, zumal es auch zur Stabilisierung der vielfach verflochtenen heimischen Wirtschaft notwendig sei, besonders hart gebeutelte EU-Länder direkt zu unterstützen. Die Neos verweisen etwa auf die Bedeutung der italienischen Ökonomie für die österreichische Exportindustrie.

Was das Volumen des Programms betrifft, hätte sich die pinke EU-Abgeordnete Claudia Gamon auch noch eine deutlich höhere Summe vorstellen können, die avisierten 750 Milliarden Euro seien aber jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Die Neos befürworten auch zusätzliche Eigenmittel für das EU-Budget.

Um der Inszenierung der "Sparsamen Vier" Paroli zu bieten, haben die Neos mit liberalen Schwesterparteien in Dänemark, Schweden und den Niederlanden eine Allianz gebildet, die deren Regierungen für den Widerstand gegen den Kommissionsvorschlag als "uneuropäisch" brandmarkt. (ta, 19.6.2020)