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Kanzler Kurz bei seinem Treffen der sogenannten sparsamen Vier, die Zuwendungen an Krisenländer aus dem EU-Budget gering halten wollen.

Foto: AP/Virginia Mayo

Die Umsatzsteuer auf Schnitzel, Pizza, Bier und Co im Restaurant soll kräftig sinken. Das ist einer der Eckpfeiler des türkis-grünen Konjunkturprogramms zur Belebung der Wirtschaft. Wenn sich die Lokale den Großteil der Steuersenkungen einbehalten, sorgt das für ordentliche Mehreinnahmen bei den Unternehmen, lautet die Idee dahinter.

Die Umsatzsteuer soll nicht nur in der Gastronomie von zehn beziehungsweise 20 auf fünf Prozent fallen. Auch für die Kulturindustrie und Medien kommt der niedrigere Tarif. Die Regelung soll ab Juli bis Jahresende gelten und dürfte bis zu 900 Millionen Euro kosten.

Allerdings: Um grünes Licht für das Projekt zu bekommen, braucht Österreich die Zustimmung der EU – und hier dürften die Hürden höher sein als bisher gedacht. Es deutet sich deshalb ein Tauschgeschäft an: Österreich lockert seinen Widerstand gegen den geplanten Corona-Wiederaufbaufonds der EU-Kommission und bekommt im Gegenzug rasch eine Zustimmung für seine Maßnahmen.

Harmonisierter Bereich

Aber was genau hat die EU bei der österreichischen Umsatzsteuer mitzureden? Seit 1967 gibt es in der Union ein harmonisiertes Mehrwertsteuersystem. Ziel dieser Bestimmungen ist es, im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr ähnliche Regelungen in allen Ländern zu haben, um den Wettbewerb nicht zu verzerren, sagt Michael Tumpel, Steuerrechtsexperte an der Johannes-Kepler-Uni in Linz.

Zudem bemisst sich die Höhe des EU-Budgets unter anderem an den staatlichen Einnahmen aus der Umsatzsteuer, weshalb es hier eine ganze Reihe an EU-Vorschriften gibt. Konkret festgeschrieben ist in einer EU-Richtlinie unter anderem, dass zusätzlich zu einem normalen Umsatzsteuersatz alle Länder zwei ermäßigte Steuersätze haben dürfen. Das soll einen bürokratischen Albtraum für Unternehmen verhindern, die sich ansonsten an hunderte Ausnahmeregeln halten müssten.

Latte liegt hoch

Das aktuelle Problem aus österreichischer Sicht: Es gibt bereits zwei ermäßigte Steuersätze im Land. Einer, zehn Prozent, gilt zum Beispiel für Arzneimittel, Mieten und Nahrungsmittel. Daneben gibt es eine 13-prozentige Umsatzsteuer für Ab-Hof-Verkauf von Wein und Flugtickets im Inland. Damit Österreich einen dritten Umsatzsteuersatz einführen kann, die geplanten fünf Prozent, bräuchte Österreich laut EU-Regelungen die Zustimmung der EU-Kommission und einen einstimmigen Beschluss im Rat der Finanzminister. So interpretieren die Experten Tumpel und der Steuerberater Gottfried Schellmann die Rechtslage.

So stellt sich die EU-Kommission den Mechanismus des Wiederaufbaufonds vor.

Hier kommt der geplante 750-Milliarden-Euro-Wiederaufbaufonds der EU-Kommission ins Spiel. Ein Teil des Geldes soll an Staaten über Zuschüsse ausbezahlt werden, die EU-Kommission würde also neue Schulden aufnehmen müssen. Österreich legte sich bisher quer.

Deal ante portas?

Hier deutet sich besagter Deal an: Österreich weicht seinen bisherigen Widerstand auf, dafür bekommt es grünes Licht bei der Umsatzsteuer. Ein Regierungsmitglied, das namentlich nicht genannt werden will, bestätigt das indirekt: Man rechne nicht damit, dass die EU-Kommission die Steuersenkung verbiete. Immerhin suche Brüssel Zustimmung zum Wiederaufbaufonds.

Im Finanzministerium heißt es, ein Ja des Rates sei nicht nötig, da die Ausnahme vorübergehend sei. Es reiche, wenn die Kommission das Vorhaben abnickt. (András Szigetvari, Andreas Schnauder, 19.6.2020)