Seine katalanische Heimatstadt Barcelona spielte in seinen Werken stets eine wichtige Rolle.

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Es ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie das literarische Leben nur selten schreibt. Vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda wurde "Der Schatten des Windes" vor knapp 20 Jahren ein Welterfolg. Seiner Geburtsstadt Barcelona setzte Carlos Ruiz Zafón mit der Geschichte um ein verwunschenes Buch und den "Friedhof der vergessenen Bücher" ein literarisches Denkmal. Jetzt ist er mit nur 55 Jahren gestorben.

Bis heute wurde "Der Schatten des Windes" mehr als 15 Millionen mal verkauft, und damit gilt der Katalane als einer der erfolgreichsten spanischen Autoren überhaupt. Nur der Klassiker der spanischen Literatur "Don Quijote" von Miguel de Cervantes fand eine weitere Verbreitung. "Der Schatten des Windes" ist der erste Teil einer Tetralogie, der in den folgenden Jahren die Bände "Das Spiel des Engels", "Der Gefangene des Himmels" und "Das Labyrinth der Lichter" folgten. Auf den Spuren der Romanhelden Daniel Sempere und Fermín Romero de Torres sind in den vergangenen Jahren Heerscharen von Zafón-Fans durch die Altstadt von Barcelona gepilgert. Es gibt sogar geführte Touren zu den Schauplätzen von "La sombra del viento".

Ruiz Zafón war ausgebildeter Journalist. Er verdiente sein Geld als Texter in einer Werbeagentur und dann als Drehbuchautor in Los Angeles, wohin er 1994 übersiedelte. Er schrieb einige Jugendromane wie "Der Fürst des Nebels" (1993, dt. 1996) oder "Marina" (1999, dt. 2011), ehe ihm 2001 mit "Der Schatten des Windes" (dt. 2003) der Durchbruch gelang. In seinen Romanen mischt sich in der Tradition der "Gothic Novel" Reales mit Phantastischem. Es geht in ihnen auch um die jüngere spanische Geschichte und immer um die Liebe zum Buch und zur Literatur.

Keine Zauberformel

Dass er als Katalane auf Spanisch schrieb, erklärte Ruiz Zafón einmal damit, dass zu seinen Schulzeiten nur auf Spanisch unterrichtet wurde. Denn das Katalanische war unter der Franco-Diktatur (1939-1975) verboten. Das Geheimnis seines Erfolges zu erklären, fiel ihm schon schwerer. Dafür gebe es keine Zauberformel. "Nach all den Jahren habe ich den Eindruck, dass die Leser in meinen Büchern die Freude am Lesen wiederentdecken", meinte er.

In der Tat wurde "Der Schatten des Windes" zu einem Buch, das auf Menschen in bisher rund 40 Sprachen einen wahren Lese-Sog ausübte. Es ist Kriminal-, Liebes- und Bildungsroman in einem, es zeichnet das Klima im Barcelona der 40er und 50er Jahre, die bleierne Schwere der Jahre nach dem Bürgerkrieg. Und es geht um die Macht des geschriebenen Wortes. Denn ein Buch spielt darin eine Hauptrolle.

"Schreiben ist harte Arbeit"

Auf den "Schatten des Windes" folgte 2008 "Das Spiel des Engels" und 2011 "Der Gefangene des Himmels" (dt. 2012) und schließlich 2016 "Das Labyrinth der Lichter" (dt. 2017), die miteinander verknüpft sind und ebenfalls im Bannkreis des "Friedhofs der vergessenen Bücher" spielen. Manche Kritiker bemängelten eine Neigung zum Trivialen, zu Floskeln und abgedroschenen Bildern oder eine zum Teil verworrene und überkonstruierte Handlung. Den ganz großen Erfolg konnte Zafón mit den Folgebänden nicht wiederholen.

Ruiz Zafón verstand sich selbst als disziplinierter Arbeiter. "Schreiben ist harte Arbeit, die Musen säuseln einem nichts ins Ohr", sagte er. Seinen Romanheld David Martín lässt er im "Spiel des Engels" einmal sagen: "Die Inspiration kommt, wenn man die Ellbogen auf den Tisch drückt, den Hintern in den Stuhl und anfängt zu schwitzen." Zuletzt arbeitete Zafón an Drehbüchern für Hollywood. (APA, 19.6.2020)