Warteschlange vor einer Wechselstube in Beirut.

Foto: AFP/JOSEPH EID

Beirut – Der Verfall des libanesischen Pfundes hat vor Wechselstuben in der Hauptstadt Beirut und anderen Orten zu langen Schlangen und teils chaotischen Szenen geführt. Zahlreiche Menschen stellten sich am Freitag den zweiten Tag in Folge an, um US-Dollar zu kaufen. Auf einem Social-Media-Video war zu sehen, dass es vor einem Geschäft in Beirut sogar zu Handgreiflichkeiten kam.

Ein Händler berichtete, jeder Libanese erhalte auf Anweisung der Zentralbank monatlich nur noch 200 Dollar (178,22 Euro) zum offiziellen Wechselkurs. Da viele Geschäfte im Libanon aber in US-Währung abgewickelt werden, sind die Menschen dringend auf Dollar angewiesen.

Kurs stürzte 70 Prozent ab

Das Land am Mittelmeer erlebt seit Monaten eine der schwersten Wirtschaftskrisen. Die Regierung verhandelt mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Rettungsprogramm, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Das bisher fest an den Dollar gebundene libanesische Pfund hat mehr als 70 Prozent seines Wertes verloren. Gleichzeitig ist die Inflation massiv gestiegen, so dass mehr und mehr Libanesen nicht mehr genug Geld zum leben haben.

Zuletzt hatte die Zentralbank angekündigt, den Markt mit zusätzlichen Dollar zu versorgen, um die Lage zu entspannen. Der offizielle Wechselkurs liegt derzeit bei rund 3.900 libanesische Pfund für einen Dollar, auf dem Schwarzmarkt kostet der Dollar hingegen mehr als 5.000 Pfund. Libanesen berichteten, viele Menschen kauften Dollar zum offiziellen Kurs, um sie anschließend zum Schwarzmarktpreis gleich wieder zu verkaufen. (APA, 19.6.2020)