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Immobilien in Abu Dhabi oder Holland waren vor der Finanzkrise beliebt für Investments von Immobilienfonds.

Foto: Reuters / Hamad I Mohammed

Geschlossene Fonds waren vor der Finanzkrise ein Renner. Beteiligungen an Flugzeugen, Frachtschiffen und Immobilien wurden damals stark verkauft. Doch bei geschlossenen Fonds können die Anteile nicht so leicht wieder abgegeben werden wie bei offenen Fonds, deren Anteile börsentäglich ge- und verkauft werden können. Das haben viele Anleger erst herausgefunden, als ihre Fonds während der Krise schlecht performt haben und sie aufgefordert wurden, geleistete Ausschüttungen wieder einzubezahlen. Seitdem laufen viele Klagen, in denen unter anderem geklärt wird, ob Anleger richtig informiert wurden.

Für die Inhaber von geschlossenen Immobilienfonds hat sich ein Schlupfloch aufgetan. Denn das Kapitalmarktgesetz schreibt vor, dass Anbieter der geschlossenen Fonds den Anlegern eine sogenannte Anlegerbestätigung aushändigen müssen. Das ist in vielen Fällen aber nicht passiert. Das Oberlandesgericht Wien hat nun in einem Urteil festgehalten, dass in diesem Fall Anleger ein unbefristetes Rücktrittsrecht von ihrer Veranlagung haben. Eine Verjährung gibt es nicht.

Kapital wird refundiert, inklusive Zinsen

Im Konkreten bedeutet das, dass Anleger vom Vertrag, den sie mit dem Treuhänder abgeschlossen haben, zurücktreten können. Viele Fondsanbieter haben ihre Produkte über Treuhänder vertrieben. Sie bekommen dann im Fall ihr einbezahltes Kapital zurück inklusive einer Verzinsung von vier Prozent pro Jahr.

"Wer einen Ausweg aus seinem geschlossenen Immobilienfonds sucht, sollte schauen, ob er eine Anlegerbestätigung erhalten hat", rät Rechtsanwalt Jörg Zarbl, der das vorliegende Urteil erwirkt hat. Viele geschlossene Immobilienfonds wurden in den vergangenen Jahren in Mitleidenschaft gezogen. "Anleger müssen teilweise befürchten, ihr gesamtes investiertes Kapital zu verlieren. Doch jetzt gibt es die Chance auf die Rückzahlung der Einlagen inklusive Zinszahlungen", sagt Zarbl. Refundiert wird das Geld vom Treuhänder. Der wiederum muss sich sein Geld von der Fondsgesellschaft zurückholen.

Das Urteil sorgt nun für Nervosität in der Branche. Denn allein auf Zarbls Tisch liegen rund 120 anhängige Verfahren zu geschlossenen Immobilienfonds. Der Schaden bei diesen Fällen übersteigt in Summe die Grenze von einer Million Euro. Der deutsche Anbieter Shedlin etwa (Treuhänder ist Aureus) hat in Österreich rund 30 Mio. Euro eingesammelt. Das deutsche Emissionshaus MPC (Treuhänder ist TVP) ein vielfaches Mehr.

Viel Klärungsbedarf

Es ist ein Formalfehler, der für Anleger nun zum Hoffnungsschimmer wird. "Die Beweispflicht liegt bei den Fondsgesellschaften", sagt Zarbl. Anleger müssen also nur schauen, ob sie die Anlegerbestätigung ausgehändigt bekommen haben oder eben nicht. Bisher sei es laut dem Rechtsexperten schon öfter vorgekommen, dass Fondsgesellschaften behauptet hätten, das Papier versendet zu haben. Sie konnten es letztlich nicht nachweisen, weil am Ende keine Kopie des Dokuments aufzufinden war.

Rund um geschlossene Fonds gab es in den vergangenen Jahren viele Prozesse. Geklärt werden musste, ob Österreich Gerichtsstand sein kann – das wurde bestätigt. In vielen Fällen musste ein Schaden (Verjährungsfrist) nachgewiesen werden. Im Vergleich dazu sei der Umstand, ob es die notwendige Bestätigung gibt oder nicht ein einfaches Unterfangen. Jene Anleger, die sich im Rahmen eines Vergleiches – wie ihn etwa der VKI mit MPC geschlossen hat – geeinigt haben, können sich jetzt allerdings nicht mehr auf die fehlende Bestätigung berufen. (Bettina Pfluger, 18.6.2020)