Eine gefühlte Ewigkeit, tatsächlich aber nur drei Jahre her: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache spricht, Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) lauschen.

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Warum bekommt das von einem Abgeordneten der FPÖ gegründete "Institut für Sicherheitspolitik" jährlich 200.000 Euro vom Verteidigungsministerium? Diese Frage treibt auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und das Finanzamt um. Die Verteidigungslinie der FPÖ dazu war schon von Anfang an klar: Nicht der blaue Minister Mario Kunasek, sondern schon sein roter Vorgänger Hans Peter Doskozil (SPÖ) habe die Gründung eines FPÖ-nahen Sicherheitsinstitutes angeregt. Und zwar, weil schon derartige rote und schwarze Institute existieren.

Das sagte ISP-Gründer Markus Tschank in den vergangenen Monaten immer wieder; nun schlug auch der einstige FPÖ-Klubchef Johann Gudenus in dieselbe Kerbe. Diese Aussagen nahm die ÖVP am Wochenende auf, sie forderte die Ladung von Doskozil in den Ibiza-U-Ausschuss. Auch Doskozil äußerte sich erstmals zu Wort – der STANDARD hatte sein Büro zuvor in der Causa wiederholt um Stellungnahme gebeten. Nun sagte der burgenländische Landeshauptmann, dass das ISP unter seiner Ministerschaft "keinen Cent" bekommen habe.

Förderungsproporz

Was stimmt nun? Das Verteidigungsministerium förderte vier Vereine mit jeweils 200.000 Euro pro Jahr. Neben dem ISP waren das:

  • Das Austria Institut für Europa und Sicherheitspolitik, das sich klar der türkis-schwarzen Sphäre zuordnen lässt. Sein Präsident ist der einstige Verteidigungsminister Werner Fasslabend (ÖVP), Projektmanager dort der langjährige ÖVP-Politiker Reinhold Lopatka. Kooperationspartner ist neben dem Land Niederösterreich und der Raiffeisenbank auch die Politische Akademie der ÖVP

  • Das Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktforschung: Präsident ist der einstige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), auch andere Vorstandsposten sind mit Sozialdemokraten besetzt. Außerdem erhält das rote Bruno Kreisky Forum 48.150 Euro pro Jahr.

  • Das Österreichische Institut für internationale Politik (OIIP), das klar überparteilich ist. Präsident ist Ex-Innen- und Wissenschaftsminister Caspar Einem (SPÖ), seine Vizes sind Fasslabend und Ulrike Lunacek (Grüne).

Thomas Starlinger, Verteidigungsminister in der Expertenregierung Bierlein, attestierte der Arbeit aller Vereine eine hohe Qualität. Sie ermöglichten einen "360-Grad-Blick", so Starlinger, der als grün-nah gilt.

Erste Tranche im Juni 2017

Abgeschlossen wurde der Vertrag zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Institut für Sicherheitspolitik Ende März 2017, darin wurden auch schon 200.000 Euro für das Jahr 2017 avisiert, zu zahlen in 50.000 Euro-Tranchen zu Ende des jeweiligen Quartals. Doskozil war bis Ende 2017 Minister. Der Vertragsabschluss fällt klar in seine Amtszeit. Er bestreitet jedoch, dass unter ihm Gelder freigegeben wurden. Aus Unterlagen zur Finanzprüfung des ISP, die dem STANDARD vorliegen, geht jedoch hervor, dass die Generalstabsdirektion am 1.6.2017 exakt 100.000 Euro an das ISP überwiesen hat.

Nach dem Erscheinen dieses Artikels hieß es dazu aus dem Büro des burgenländischen Landeshauptmanns, dass ihm durch das Ausscheiden aus dem Verteidigungsministerium Ende 2017 keine Unterlagen aus dieser Zeit mehr vorliegen. Das am Samstag getätigte Dementi Doskozils, dass kein Geld an das ISP gezahlt wurde, "beruhte auf einer Empfehlung unseres Rechtsvertreters aufgrund unseres internen Informationsstandes". Doskozil selbst weilt derzeit im Ausland, sein Büro entschuldigt sich für diesen "Fehler aufgrund eines falschen Informationsstands" – betont aber, dass auch Starlinger der Arbeit der geförderten Vereine hohe Qualität attestiert habe.

Allerdings steht das ISP nicht wegen der Förderungen durch das Verteidigungsministerium im Fokus der Ermittler. Vielmehr vermuten diese, dass das ISP dazu diente, Geld an die FPÖ oder deren Vertreter zu schleusen. Die Beteiligten wiesen das stets von sich, bei seiner Befragung im U-Ausschuss entschlug sich Tschank permanent der Aussage. Fakt ist aber, dass die Ermittler und Finanzprüfer auf unzählige Abrechnungen gestoßen sind, von denen Tschank, der im Brotberuf Anwalt ist, und seine Kollegen profitiert haben. Tschank vermietete beispielsweise einen Tisch in seiner Kanzlei an das ISP – für 3.600 Euro im Monat. Als Obmann erhielt er eine Management Fee von 36.000 Euro netto pro Jahr. Am 26. Dezember 2017 hielt das ISP offenbar eine Besprechung im Cafe Sacher ab, es wurden Spesen in der Höhe von 1.100 Euro abgerechnet. Tschank betont, dass er "die gesamte Leistungserbringung des ISP zu verantworten hatte" und dafür "naturgemäß Anspruch auf dementsprechende Bezüge samt Barauslagen", die vom ISP-Vorstand ordnungsgemäß beschlossen wurden.

Das ISP hatte auch Zahlungsverkehr mit einer GmbH, an der der Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp und Gudenus still beteiligt waren. Mit solchen Vorwürfen sehen sich die anderen vom Verteidigungsministerium geförderten Vereine nicht konfrontiert.

Spenden und Kooperationen

Außerdem lukrierte das ISP Spenden von der ILAG Vermögensverwaltungs (Ilag VV) GmbH; die zu 100% im Eigentum der Industrieliegenschafts AG (Ilag) ist. Das Unternehmen gehört der Familie Turnauer, im Aufsichtsrat sitzt under anderem Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP). Die Ilag spendete auch an die ÖVP, seit 2012 über eine halbe Million Euro. Und warum überwies die Ilag-Tochter, deren Mutterkonzern sich mit Forstwirtschaft, Immobilien und strategischen Industrie- und Handelsinvestments beschäftigt, an das ISP? Die "internen Entscheidungsprozesse" hätte dazu geführt, dass eine Spende "im Interesse der Aktionäre war", so Geschäftsführer Hans Herzog in einem Brief an das Finanzamt.

Die Ilag VV war nicht der einzige Unterstützer aus der Wirtschaft: Das ISP unterhielt einen Kooperationsvertrag mit der Novomatic, die ja mit der FPÖ im Zentrum der Casinos-Affäre steht – es gilt die Unschuldsvermutung. Tschank taucht auch in Chatnachrichten auf, die Novomatic-Manager über die Glücksspielgesetzgebung führten. Zahlungen des ISP gab es auch an die Firma Polimedia, die damals dem freiheitlichen Bezirksrat Peter Sidlo gehörte – dessen Bestellung zum Casinos-Vorstand löste später die Affäre aus. (Fabian Schmid, 21.6.2020)