Die Terrassenhochhäuser des Wohnparks Alt-Erlaa im Süden Wiens sind weithin sichtbar. In dem unter anderem von Harry Glück geplanten Komplex ist auch die Wohnzufriedenheit hoch.

Foto: Robert Newald

"Penthouse. Pool. Provisionsfrei." So beginnt das spannende Wohnungsinserat auf einer Immobilienplattform. Im Wohnpark Alt-Erlaa in Wien-Liesing mit seinen markanten vier Türmen – einem Aushängeschild des geförderten Wohnbaus in Wien – wird Anfang August eine begehrte Dachgeschoßwohnung "zur Weitergabe" frei: 155 m² Wohnfläche im 27. Stock mit vier Zimmern, zwei Bädern und zwei separaten WCs. Auch Garten und Einbauküche sind vorhanden, ein Garagenstellplatz kann angemietet werden. Swimmingpool ist auf dem Dach, die Sauna "sowie die Gemeinschaftsterrasse mit Rundumblick befinden sich auf derselben Ebene und sind innerhalb von 30 Sekunden erreichbar".

Das Gebäude wurde 1976 fertiggestellt. Der Kaufpreis der Wohnung, die als renovierungsbedürftig vermerkt ist, wird mit 550.000 Euro angegeben. "Eine seltene Gelegenheit, eines der wenigen Penthäuser Wiens auf diesem Niveau zu besitzen", wie es im Inserat heißt.

Wobei das mit dem Besitz so eine Sache ist. Denn der Wohnpark Alt-Erlaa wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren vom gemeinnützigen Wohnbauträger Gesiba errichtet, der sich zu fast 100 Prozent im Eigentum der Stadt Wien befindet. Und laut Inserat bleibt die Immobilie auch "im Eigentum der Gesiba" (beziehungsweise, wie es richtig lauten müsste, deren Tochter "Gemeinnützige Wohnungsaktiengesellschaft Wohnpark Alt-Erlaa"). Verkauft wird hier lediglich "das unbefristete Miet-, Weitergabe- und Untervermietrecht" am Penthouse im Turm A des Wohnparks. Darin enthalten sind zwar auch rund 120.000 Euro an Finanzierungsbeitrag, der größere Rest von 430.000 Euro aber wird für das Mietrecht verlangt. Da stellt sich die Frage: Darf das wahr sein? In einem Gebäude, das zur Gänze einer gemeinnützigen Gesellschaft gehört?

Für Gesiba ist alles rechtens

Ja, sagt Gesiba-Chef Ewald Kirschner. Der Verkauf der oben genannten Rechte um 550.000 Euro durch den Mieter sei "legal und möglich". Vor mehr als 40 Jahren sei hier bei vier Dachgeschoßwohnungen nämlich das Modell der "Mietzinsvorauszahlung" gewählt worden. "Den Mietern wurden dadurch Rechte wie einem Eigentümer eingeräumt. Das ist rechtlich gedeckt." Der erste Mieter der besagten Wohnung hat damals eine Vorauszahlung von 2,1 Millionen Schilling (nicht inflationsbereinigt umgerechnet 152.613 Euro) geleistet, der Bestandvertrag bis zum Jahr 2078 ist im Grundbuch vermerkt. Und die vier Dachgeschoßwohnungen wurden laut Kirschner damals auch nicht – so wie alle anderen 3.178 Wohneinheiten des Wohnparks – mit Wohnbauförderung, sondern freifinanziert errichtet.

Einige Wohnrechts- und Wohnbauexperten, die DER STANDARD kontaktiert hat, zeigen sich höchst erstaunt über dieses Inserat. Alle betonen: Die Wohnung unterliege zweifellos dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), denn sie ist und bleibt im Eigentum einer gemeinnützigen Gesellschaft. Ablösen ohne plausible Gegenleistungen verbietet das WGG. Genau eine solche verbotene Ablöse in extremer Höhe vermutet nun AK-Wohnrechtler Walter Rosifka. Man müsse auch "den Makler fragen, warum er bei so was mitmacht".

Überraschter Makler

Der Makler heißt Georg Tauzher, er arbeitet bei Planethome Immobilien und stellte das Inserat jüngst online. Ja, auch er sei zunächst überrascht gewesen über diese ungewöhnliche Konstruktion. "Aber es ist alles korrekt, machen Sie sich keine Sorgen", sagt er. Nachsatz: "Wir sind als Makler ja auch haftpflichtversichert, sollte wirklich einmal ein Fehler passieren."

Der abgeschlossene Bestandsvertrag gewähre dem Mieter tatsächlich weitgehende Rechte, das habe man eingehend geprüft; eben auch den Weiterverkauf des auf 100 Jahre abgeschlossenen Mietvertrags. So wie es auch die Gesiba betont.

Monatliche Gesamtmiete beträgt 956 Euro

Was er nicht beantworten kann, ist die Frage, ob die Gesiba einen solchen Vertrag abschließen durfte. Ein Anruf beim Gemeinnützigen-Verband ist wenig ergiebig. Die Gesiba könne heute nicht viel tun, die Chefetage sei an die damals geschlossenen Verträge gebunden. Etwaigen Nachmietern rät man zur Überprüfung des Vertrags, etwa durch die Schlichtungsstelle.

Makler Tauzher weist darauf hin, dass vergleichbares Eigentum in Wien rund eine Million Euro kosten würde – da sei man mit den 550.000 Euro samt relativ niedriger laufender Gesamtmiete von 956 Euro – inklusive Betriebskosten, Heizung, Warmwasser und weiterer Kosten – noch gut dran. Einem Anleger würde er die Wohnung aber natürlich nicht empfehlen, denn sie dürfte nur zu dem gedeckelten Mietpreis weitervermietet werden.

Die felsenfeste Überzeugung, dass alles wasserdicht ist, dürfte der Makler nach dem Gespräch mit dem STANDARD aber ein wenig verloren haben. Er werde gleich alles noch einmal prüfen "und dann nochmals im Detail, bevor ein Interessent ein Anbot unterschreibt". Man werde ganz bestimmt niemanden übers Ohr hauen. Und: "Wenn Sie einen Experten haben, der ernsthafte Zweifel an der Konstruktion hat, dann soll er sich bitte bei mir melden." (David Krutzler, Martin Putschögl, 22.6.2020)