Hinter dem Klimavolksbegehren stehen rund tausend Freiwillige, darunter viele Prominente und Vertreter aus der Wissenschaft. Es kann von 22. bis 29. Juni auf Ämtern oder online unterzeichnet werden.

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Hunderttausend Unterschriften sind für ein Volksbegehren in Österreich notwendig, damit es im Parlament behandelt wird. Gleich fünf liegen ab Montag zur Unterzeichnung auf. Es gibt die Möglichkeit, sich für oder gegen das Rauchen in der Gastronomie auszusprechen, eine gerechte Verteilung von Asylwerbern in der EU zu unterstützen und den "Euratom-Ausstieg Österreichs" zu fordern. Das fünfte Volksbegehren, das Klimavolksbegehren, hatte bereits im Vorfeld regen Zulauf und hat damit die 100.000er-Hürde bereits vor der Eintragungswoche genommen. Nun will die Initiative deutlich mehr Bürger an Bord holen, wie deren Sprecherin Katharina Rogenhofer erzählt. Die Unterstützung ist breit: SPÖ, Grüne, Neos, einzelne ÖVP-Politiker und Bischöfe werben dafür.

STANDARD: Welche Erwartungen haben Sie an das Volksbegehren?

Rogenhofer: Die gesetzliche Grenze für den Nationalrat haben wir ja schon vor Corona hingelegt. Wir brauchen aber viele weitere Stimmen, damit das Thema wieder an Präsenz gewinnt. Mehr Stimmen bedeuten mehr Druck. Eigentlich ist es absurd: Als hätte man in Corona-Zeiten zuerst eine Petition starten müssen, damit Maßnahmen gesetzt werden. Und je nachdem, wie viele Stimmen wir bekommen, wird entschieden, ob man handeln wird oder nicht. Wenn wir so weitertun wie bisher, wird es nicht schön werden.

STANDARD: Nur weil das Volksbegehren im Parlament besprochen wird, heißt das aber nicht, dass entsprechende Gesetzesentwürfe kommen.

Rogenhofer: Ich bin insofern optimistisch, als dass das ganze Volksbegehren ein Prozess ist. Ein Erfolg ist schon, dass unsere Forderungen teilweise wortwörtlich im Regierungsprogramm stehen. Das sind trotzdem nur Worte, an der Umsetzung hapert es noch immer. Die Parteien können dann jedenfalls Initiativanträge bringen, um die Punkte durchzusetzen.

Katharina Rogenhofer sieht hehre Ziele, aber wenig Umsetzung in der aktuellen Klimapolitik.
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STANDARD: Im Vorjahr wurde auch der Klimanotstand ausgerufen. Hat das Volksbegehren ähnlich symbolische Wirkung?

Rogenhofer: Die Gefahr ist immer da. Es geht gerade jetzt um enorme Geldmengen und Investitionen, um aus der Wirtschaftskrise herauszukommen. Wenn der Druck aus der Zivilbevölkerung fehlt, befürchte ich, dass hier all unsere Klimaanstrengungen verpuffen könnten. Weil dort, wo das Geld jetzt hinfließt, entscheidet sich, wo wir uns in Zukunft hinentwickeln werden.

STANDARD: Die Regierung hat für 2021 und 2022 jeweils eine Klimamilliarde angekündigt. Grund für Optimismus?

Rogenhofer: Die Klimaschutzmilliarden sind auf jeden Fall zu begrüßen, aber die langfristige Perspektive fehlt weiter. Immerhin werden weiterhin jährlich 4,7 Milliarden Euro in klimaschädigende Subventionen gesteckt und fossile Brennstoffe um neun Milliarden Euro importiert. Wir dürfen nicht weiter das Falsche fördern.

Katharina Rogenhofer war im Mai bei "Edition Zukunft – Der Podcast" zu Gast

STANDARD: Was ist Ihr Fazit der bisherigen türkis-grünen Klimapolitik?

Rogenhofer: Im Vergleich zu Schwarz-Blau hat sich viel verändert. Was mir Angst macht, ist aber, dass relativ kleine Maßnahmen schon als Erfolge gefeiert werden. Wenn wir Klimaneutralität bis 2040 wirklich ernst nehmen, brauchen wir eine Transformation aller Systeme, und zwar als Paket zusammengedacht. Das passiert nicht. Die Regierung hat sich dazu bekannt, einen Marathon zu laufen, macht aber nach dem Startschuss ein paar zögerliche Schritte und bleibt dann stehen. Als würde das Ziel schon auf einen zukommen, wenn man lange genug wartet. Das darf es nicht sein. Wir brauchen Emissionsreduktionen in allen Bereichen und nicht erst am Ende. Dieser Pfad muss im Gesetz festgeschrieben und überprüft werden.

STANDARD: Geht das mit einer AUA-Rettung zusammen?

Rogenhofer: Das ist ein wahnsinnig gutes Beispiel dafür, dass Kosten von Krisen vergesellschaftet werden. Wir zahlen mit unseren Steuergeldern gerade die Rettung von einem Privatkonzern. Wenn es dem wieder gutgeht, werden wir nicht an den Gewinnen beteiligt. Ohne Staatsbeteiligung können wir auch nicht mitbestimmen, in welche Richtung sich die AUA entwickeln wird. Die Airline muss ihre Emissionen bis 2030 außerdem um nur 30 Prozent reduzieren. Da stellt sich schon die Frage: Nimmt die Regierung das eigene Ziel von Klimaneutralität bis 2040 selbst überhaupt ernst? (Nora Laufer, 22.6.2020)