Bild nicht mehr verfügbar.

Die Lufthansa rechnet damit, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft.

Foto: Reuters/Fabrizio Bensch

Frankfurt – Nach fast genau 32 Jahren ist vorerst Schluss: Dax-Gründungsmitglied Lufthansa muss den Platz in der ersten deutschen Börsenliga räumen. Seit Montag werden die Aktien der größten Fluggesellschaft Deutschlands und Muttergesellschaft der AUA im Mdax der mittelgroßen Werte gehandelt.

In der Corona-Krise ist die Lufthansa schwer unter Druck geraten, der Aktienkurs der Fluggesellschaft brach ein. Auf die verheerenden Folgen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie will AUA-Mutter Lufthansa mit einem Sparpaket reagieren, das am Donnerstag auf der Konzern-Hauptversammlung präsentiert werden soll. Da die Corona-Krise die Geschäfte mit Ausnahme der Fracht fast zum Erliegen gebracht hat, meldet die größte deutsche Airline zu viele Stellen an Bord. Sie sprach von einem rechnerischen Überhang von 22.000 Vollzeitstellen, davon die Hälfte in Deutschland. Verhandlungen über einen Jobabbau mit den Gewerkschaften sollten bis Montag Ergebnisse bringen. Die Verhandlungspositionen zum Sparprogramm liegen laut einem Ufo-Gewerkschaftsvertreter aber noch sehr weit auseinander.

Auch die Staatshilfen könnten erneut diskutiert werden. Ob das Rettungspaket auf der Lufthansa-Hauptversammlung am Donnerstag eine Mehrheit findet, hängt maßgeblich von Großaktionär Heinz Hermann Thiele ab, der zuletzt gut 15 Prozent der Anteile hielt. Die Lufthansa fürchtet, dass er das Rettungspaket blockieren könnte – zumal nur wenige Anteilseigner ihr Stimmrecht wahrnehmen wollen. Thiele hatte das Rettungspaket und vor allem die geplante Beteiligung des Bundes mit 20 Prozent der Lufthansa-Anteile kritisiert und seine Zustimmung offen gelassen. Der Großaktionär soll an diesem Montagmorgen mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Lufthansa-Chef Carsten Spohr zusammenkommen. m Montag sagte der Bundesfinanzminister, man habe einen "wohl durchdachten Plan" für das Überleben der Airline entwickelt. Die Lufthansa sei vor der Krise ein sehr erfolgreiches Unternehmen gewesen, "und es ist unsere Pflicht, zu ermöglichen, dass sie diese Krise der Covid-19-Pandemie überlebt und dass sie anschließend wie zuvor eine erfolgreiche Fluggesellschaft sein kann", fügte Scholz hinzu.

Spohr: "Schicksalswoche"

Da der Bund über eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zum größten Lufthansa-Anteilseigner werden soll, wird der Wert der Aktien in Händen der übrigen Anteilseigner verwässert. Thiele hatte seit Mitte März seine Beteiligung schrittweise aufgebaut, als sich Lufthansa-Papiere wegen des Geschäftseinbruchs im gesamten Luftverkehr aufgrund der Corona-Reisebeschränkungen stark verbilligten. Ihn stört vor allem möglicher Einfluss der Politik auf das Unternehmen, wie Thiele in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärt hatte.

"Wir alle stehen am heutigen Sonntag vor einer Schicksalswoche für unsere Lufthansa", schrieb Spohr in einem Brief an die Mitarbeiter. Für den Fall, dass die Aktionäre dem Hilfspaket des Bundes nicht zustimmen, habe man umfangreiche Vorkehrungen getroffen, um eine Pleite mit einem unmittelbaren Stopp des Flugbetriebes zu verhindern. "Auch würden wir die verbleibende Zeit bis zur Anmeldung einer Insolvenz nutzen, um mit der Bundesregierung Optionen zu besprechen", heißt es in dem Brief. Oberstes Ziel des Vorstandes bleibe, eine Insolvenz zu vermeiden. Angesichts der großen Unsicherheit über die Zukunft des Unternehmens sollen die Juni-Gehälter der rund 138.000 Beschäftigten schon am Montag angewiesen werden.

Geschäftsverlauf

Der Konzern rechnet damit, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft. Derzeit hebt nur ein kleiner Teil der Lufthansa-Flotte zu Reisezielen ab. Im ersten Quartal brockte die Corona-Krise dem Konzern einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro ein; die Barreserven schwinden schnell.

"Nach unseren aktuellen Annahmen über den Geschäftsverlauf der kommenden drei Jahre haben wir allein bei Lufthansa perspektivisch keine Beschäftigung für jeden siebten Piloten und jeden sechsten Flugbegleiter sowie zahlreiche Mitarbeiter am Boden", sagte jüngst Personalvorstand Michael Niggemann. Lufthansa wolle aber möglichst viele Mitarbeiter halten und betriebsbedingte Kündigungen vermeiden. (red, Reuters, APA, 22.6.2020)