Ob in den Lokalen oder im Gastgarten: Wie stark die Kundenfrequenz ist, hängt in Zeiten wie diesen von der Lage und Kategorie ab. Gastronomen in Ballungszentren tun sich wegen fehlender Touristen generell schwerer als solche auf dem Land. Für Spitzengastronomen läuft es besser als für Wirte mit wenig Umsatz.

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Wenn Österreicher und Österreicherinnen im Sommer schon nicht wegfahren und dafür beim Wirten ums Eck einkehren wollen sollen, möchten einige Gastgeber im Großraum Wien Daheimgebliebenen zumindest eine kulinarische Reise um die Welt bieten. Unter dem Motto "Speisen wie im Urlaub" soll es heuer erstmals auch im Sommer eine zwischen Betrieben im Großraum Wien abgestimmte Genusswoche geben, und das nicht von ungefähr.

Neben der Hotellerie ist es vor allem die Gastronomie, die unter dem wochenlangen Shutdown infolge der Corona-Pandemie am meisten zu leiden hatte und die Folgen immer noch spürt. Wobei die Befindlichkeiten durchaus unterschiedlich sind.

Vorteil Vorstadt

"Ich habe immer geliebäugelt mit einem Lokal in der Stadt; jetzt bin ich froh, dass ich eines in der Vorstadt habe," sagt Martin Pichlmaier. Mit seiner Frau Christiane hat der gebürtige Grazer Anfang 2016 in Wien-Hernals Pichlmaiers zum Herkner aufgesperrt, das mit einer Haube dekoriert ist. "Wir haben großartige Erfahrungen mit unseren Stammgästen gemacht", erzählt Pichlmaier von seinem Gasthaus. "Wir werden auch den Abholservice, mit dem wir in der Corona-Zeit begonnen haben, weiterführen und sogar ausbauen." Den Lieferservice nicht, das sei zu aufwendig.

Dass es eine Umkehrung der Werte gegeben hat, bestätigt auch Toni Mörwald. Der gebürtige Niederösterreicher hat vier seiner sechs Restaurants wieder aufgesperrt, zwei noch geschlossen – Le Ciel im Grand Hotel Wien und das Atelier im Kochamt.

Fehlende Touristen, fehlende Frequenz

Dass sich beide geschlossenen Lokale innerhalb der Wiener Ringstraße befinden, ist kein Zufall. "Wir sind stark von Touristen abhängig, und die fehlen im Moment", sagt Mörwald. Die Restaurants allein mit lokalen Gästen oder Besuchern aus anderen Bundesländern füllen zu wollen sei illusorisch. Die Frequenz sei zu gering, als dass es sich rentiere. "Ich hoffe, dass im September der internationale Gast wieder zurück ist", sagt Mörwald. Bis dorthin heiße es Verluste eindämmen.

Zahlungskräftige Kunden

Anders sei die Situation außerhalb des Ballungsraums Wien, wo Mörwald um Feuersbrunn (NÖ) herum ein Gastroimperium aufgebaut hat. "Unsere Restaurants in Niederösterreich haben sich nach der Wiedereröffnung Mitte Mai gut gefüllt, auch mit Gästen aus Vorarlberg, Tirol. Kärnten und der Steiermark. Außerdem haben wir festgestellt, dass noch nie so gute und zahlungskräftige Kunden unterwegs waren", sagt Mörwald. Nach zwei Monaten Entwöhnung wollten sich offensichtlich viele Gäste "wieder etwas Gutes und Schönes gönnen".

Bernd Querfeld, der mit seiner Familie zehn Kaffeehäuser und Restaurants in Wien betreibt und zuletzt in einem STANDARD-Interview die Hilfsmaßnahmen der Regierung heftig kritisiert hat, findet nun ob der beschlossenen Mehrwertsteuersenkung bei Speisen und Getränken auf einheitlich fünf Prozent Worte des Lobes. "Das ist genial, auch in der Höhe. Zudem ist die Maßnahme einfach zu administrieren, sowohl für Unternehmer als auch für das Finanzamt. Das hilft uns wirklich."

Mehrwertsteuersenkung wirkt

Die Mehrwertsteuersenkung, die ab Juli wirksam werden soll, sei zudem ein Ansporn für alle, die offen haben, noch mehr Umsatz zu machen. Die Maßnahme ist bis 31. Dezember 2020 befristet. Querfeld hofft aber, "dass man nicht gar so schnell wieder hinaufgeht damit". Die Umsätze von Hotellerie und Gastronomie in der Stadt würden wohl noch längere Zeit deutlich unter dem gewohnten Niveau bleiben.

Sieben der zehn Lokalitäten, darunter das Café Landmann und das Café Mozart, hat Querfeld wieder aufgesperrt. Das Café Hofburg, das Café Museum und das Parkcafé Schönbrunn sind noch zu, Letzteres wahrscheinlich länger.

Café Museum versucht es neuerlich

Das Café Museum, das nach einem Aufsperrversuch Mitte Mai wegen mangelnder Kundenfrequenz rasch wieder zugesperrt wurde, soll demnächst wieder in Betrieb gehen. Querfeld: "Wir überlegen uns was."

Für viele Kleinwirtshäuser, die sich schon vor der Corona-Pandemie wirtschaftlich schwer getan haben, könnte hingegen die letzte Stunde geschlagen haben. Spitzengastronom Mörwald rechnet mit einem Ausleseprozess und hielte es für gut, wenn die Regierung Ausstiegswilligen mit einer Schließungsprämie den Schritt erleichtern würde.

51 teilnehmende Restaurants

An der Aktion "Speisen wie im Urlaub" nehmen nach Angaben von Organisator Dominik Holter (Culinarius) 51 Spitzenrestaurants teil, 22 davon mit Haubenküche. Die Menüs gibt es in dieser Zeit zu Fixpreisen: Das 3-Gäng- Dinner um 29,50 Euro und das 2-Gäng-Lunch um 14,50 Euro." Restaurants mit mehr als einer GaultMillau-Haube können pro zusätzlicher Haube einen Aufschlag von fünf Euro zu Mittag und zehn Euro am Abend verrechnen.
(Günther Strobl 23.6.2020)