Auch millionenschwere Exklusivdeals mit Streamergrößen wie Tyler "Ninja" Blevins waren nicht genug, um auf Twitch und Co. aufzuschließen.

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Die Geschichte des Techriesen Microsoft ist geprägt von Déjà-vus, sowohl positiver wie negativer Natur. Auch für die jüngste Entwicklung findet sich schnell ein vergleichbarer Vorgang in der jüngeren Vergangenheit. Einigermaßen überraschend hat das Unternehmen bekannt gegeben, seine Streaming-Plattform Mixer in einem Monat zu schließen.

Entstanden war Mixer als eine Art Erweiterung zu Xbox Live, mit der man gegen die Streaming-Platzhirsche Twitch von Amazon und Googles Youtube antreten wollte. Dazu kaufte man 2016 für einen unbekannten Betrag die 2014 gestartete Plattform Beam, die von zwei Jugendlichen ins Leben gerufen worden war. Sie versprach gute Übertragungslatenzen bei hoher Videoqualität und hatte es bereits auf zehntausende aktive Nutzer gebracht.

Auch "Shroud" und "Ninja" waren nicht genug

Es folgte die Umbenennung in Mixer. Trotz vieler Anstrengungen gelang es allerdings nicht, an die Konkurrenz aufzuschließen. Letztlich musste man zwischen drei Szenarien wählen: Den Betrieb einstellen, den Dienst verkaufen oder noch mehr Investitionen tätigen, um das Schiff vielleicht doch noch flott zu bekommen. Man entschied sich für die Reißleine. Die bestehenden User sollen nach der Abschaltung am 22. Juli zu Facebook Gaming umgesiedelt werden. Auch der kommende Gamesstreaming-Dienst, bekannt als "Project xCloud", soll dort verfügbar werden. Microsoft dürfte sich dort ein wesentlich größeres Publikum erhoffen.

Die Strategie, die Wachstumsprobleme mit Geldeinsatz zu lösen, war zuvor bereits gescheitert. Microsoft hatte mehrere bekannte Streamer von Twitch "abgeworben" und mit Exklusivverträgen zu Mixer gelotst. Erst letztes Jahr sicherte man sich etwa die Dienste von Michael "Shroud" Grzesiek und Tyler "Ninja" Blevins. Ersterer soll dafür rund zehn Millionen Dollar erhalten haben, Zweiterer zwischen 20 und 30 Millionen. Ihr Millionenpublikum dürfte den Wechsel aber zu einem guten Teil nicht mitgemacht haben.

Gründer gingen schon 2019 von Bord

Wie sie nach der Schließung von Mixer vorgehen wollen, lassen beide noch offen. Laut Microsoft soll Facebook vertraglich gemachte Zusagen weitestgehend übernehmen. Sie müssen allerdings nicht dorthin wechseln, ab dem 22. Juli können sie wieder auf der Plattform ihrer Wahl streamen – also auch zurück zu Twitch wechseln.

Die beiden Gründer von Mixer hatten nach der Übernahme ursprünglich auch bei Microsoft angeheuert. Sie verließen das Unternehmen allerdings schon im vergangenen Herbst, um sich neuen Projekten zu widmen. Ein Teil des Entwicklungsteams von Mixer wird sich künftig der Business-Kommunikationsplattform Teams widmen.

Erinnerung an Windows Phone

Die Geschichte von Mixer erinnert an Microsofts Bauchfleck mit Windows Phone. Auch hier war der Konzern im Jahr 2010 – erst Jahre nach den Konkurrenten Apple und Google – in den Markt eingestiegen. Als Zugpferd sollte ein bekannter Hersteller, Nokia, dienen, dessen Handysparte man später sogar teuer aufkaufte.

Immer wieder versuchte man auch Incentives für Entwickler zu setzen. Einige populäre Apps wurden für die Plattform auch umgesetzt, aber von den Betreibern oft nur stiefmütterlich gepflegt. Letztlich stellte man die aktive Weiterentwicklung ein und stellte das mittlerweile zu Windows 10 Mobile gewordene Systeme in den Wartungsmodus. Im Dezember 2019 lief die Unterstützung schließlich endgültig aus. (gpi, 23.06.2020)