Ein Berg speit Lava und glühende Felsbomben. Die Aschewolke schiebt sich bis in die Stratosphäre. Immer wieder jagt ein heißes Gemisch aus Asche, Lava und Gas die Flanken herab, schießt etliche Kilometer in die Landschaft. Kurz sind die Pausen, dann werden die Eruptionen wieder stärker: Viele Wochen lang wütet der Berg. Trüb ist die Luft, es regnet Asche, der halbe Kontinent ist grau. Die Ernte ist vernichtet, das öffentliche Leben versinkt im Chaos. Es ist kalt geworden. Ökosysteme brechen zusammen, Tiere und Menschen hungern, um die knappen Ressourcen wird gekämpft.

Bild aus dem Umfeld eines Supervulkans: Im Yellowstone-Nationalpark in Wyoming, USA, befindet sich die bekannte Thermalquelle Grand Prismatic Spring.
Foto: Imago / Danita Delimont

Etwa so könnte es im schlimmsten Fall ausgehen, wenn ein Supervulkan ausbricht. Aber was davon basiert auf wissenschaftlichen Daten? Welche Folgen für Landschaft und Klima drohen, können Forscher einigermaßen einschätzen, denn in der Erdgeschichte gab es einige derartige Ereignisse, die ihre Spuren hinterließen.

Verwundbare Zivilisation

Was ein solches für unsere hochtechnisierte und zugleich verwundbare Zivilisation bedeutet, kann man nur erahnen. Die Eruption eines Supervulkans unterscheidet sich deutlich von einem gewöhnlichen Ausbruch. Diese ereignen sich ständig, irgendwo auf der Welt rumpelt es immer. Da die aktiven Vulkane meist fern von größeren Siedlungen sind oder gut überwacht werden, hat die Menschheit kaum Probleme damit.

Ein Supervulkan – meist sind es mehrere Vulkane, die ein zusammenhängendes System bilden – hingegen ist einige Nummern größer. Zur Abgrenzung kursieren verschiedene Zahlen. Manche glauben, es würden beim Ausbruch mindestens 1000 Kubikkilometer Material inklusive Asche zutage gefördert, andere gehen von mehr als 450 Kubikkilometer Magma aus.

Index der Vulkanexplosionen

Ein weiteres Maß ist der Vulkanexplosivitätsindex, der bis zur Stufe 8 reicht: Laut diesem Index liegen Supervulkanausbrüche am Ende von Stufe 7. Im Schnitt ereignet sich eine Supereruption laut einer Studie der Universität Bristol alle 17.000 Jahre. Gelegentlich wird der Ausbruch des Tambora (heute Indonesien) im Jahr 1815 hinzugezählt, der Europa ein "Jahr ohne Sommer" mit Hungersnöten brachte. Doch die Tambora-Eruption war zu schwach für einen Supervulkan. Die Kriterien erfüllten zuletzt der Taupo (Neuseeland) vor 26.500 Jahren und der Toba (Indonesien) vor 74.000 Jahren.

Damals wäre die Menschheit beinahe ausgelöscht worden, glauben manche Forscher, wobei diese Behauptung zunehmend bezweifelt wird. Ein Team um Chris Clarkson von der University of Queensland in St. Lucia hat Steinwerkzeuge im heutigen Indien analysiert, die vor und nach der Toba-Eruption entstanden waren.

Die Bearbeitung der Feuersteine sei kontinuierlich verfeinert worden, berichteten die Forscher kürzlich im Fachjournal Nature Communications. Das weise darauf hin, dass die Bevölkerungsgruppen in der Region eines der gewaltigsten vulkanischen Ereignisse der Menschheitsgeschichte überlebt hatten.

Besondere geologische Voraussetzungen

Supervulkane finden sich rings um den Pazifik an den Grenzen der tektonischen Platten, etwa in Indonesien, Japan und Nordamerika mit dem berühmten Yellowstone-Supervulkan. Für katastrophale Eruptionen braucht es besondere geologische Voraussetzungen. "Normale Vulkane eruptieren meist, wenn zusätzliches Material aus großer Tiefe in die Magmakammer gelangt, die mit sechs und zehn Kilometern Tiefe recht nahe an der Oberfläche liegt", sagt Olivier Bachmann von der ETH Zürich.

20 Kilometer westlich vom Vesuv liegen die Phlegräische Felder
Foto: imago

Das frische Magma bringe zusätzlich Masse und Wärme, wodurch Gase – größtenteils Wasserdampf – frei werden und Blasen bilden. Dadurch steige der Druck, bis das überliegende Gestein aufreißt und der Vulkan ausbricht. "Bei Supervulkanen befindet sich die Magmakammer in einer über Jahrtausende erwärmten Kruste, die etwas dehnbarer ist und mehr Magma aufnehmen kann", erläutert der Forscher.

"Die Kammer ist so groß, dass kleine Mengen frischen Magmas kaum etwas ausrichten." Um einen Ausbruch herbeizuführen, müsse der Nachschub aus der Tiefe größer sein, was zumindest zeitweise der Fall sei, sagt Bachmann. Dann brächte die genannte Mixtur aus Magma, Hitze und Gasblasen den Vulkan in eine kritische Phase und schließlich zur Eruption. "Tatsächlich scheinen Supervulkane einem Zyklus zu folgen", sagt der Forscher.

Von den Phlegräischen Feldern, einem Supervulkansystem bei Neapel, sind zwei große Ausbrüche bekannt, im Fall des Yellowstone sind es drei. In diesem geologischen Augenblick gelten beide als unauffällig.

Modelle zu Yellowstone

Wie käme unsere heutige Gesellschaft mit einem massiven Ereignis zurecht? Das hängt davon ab, wo sich eine Supereruption ereignet und wie lange sie andauert. Modellrechnungen für den Yellowstone-Supervulkan zum Beispiel zeigen, dass Asche in großen Teilen Nordamerikas niedergehen würde: auf Pflanzen, Straßen, Gebäude.

Was Asche in der Luft für den Flugverkehr bedeutet, hat der isländische Vulkan Eyjafjallajökull im Frühjahr 2010 gezeigt, als nach einer vergleichsweise kleinen Eruption weiträumig der Luftraum gesperrt wurde.

"In jedem Fall würde ein solcher Supervulkanausbruch das Verkehrswesen und die Wirtschaft über viele Länder hinweg treffen, ebenso die tägliche Versorgung der Bevölkerung", sagt Thomas Walter vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ in Potsdam. "Solche dramatischen Ausbrüche sind aber sehr unwahrscheinlich und daher kein Grund, sich zu ängstigen", ergänzt der Forscher und verweist auf Asteroideneinschläge: Auch die hätten schlimme Folgen, seien jedoch ebenso sehr selten, das Risiko sei folglich sehr klein.

Druck in der Magmakammer mindern

Allerdings könne niemand ausschließen, "dass ein Supervulkan nicht schon innerhalb der nächsten Jahrzehnte ausbricht", sagt der ETH-Forscher Olivier Bachmann. Langfristig könnte es möglich sein, etwas dagegen zu unternehmen, meint er. "Wenn es gelingt, den Druck in der Magmakammer rechtzeitig zu mindern, wäre ein Ausbruch wohl weniger intensiv." Die Bohrtechnik habe große Fortschritte gemacht.

So einfach das Konzept von Entlastungsbohrungen klinge, so schwierig sei die Technik im Detail, und man sei noch weit davon entfernt, dieses einschließlich unerwarteter Folgen zu beherrschen, erklärt Bachmann. "Aber ich glaube, dass es prinzipiell gelingen kann." (Ralf Nestler, 26.6.2020)