Fast ein Monat ist es her, dass der schwarze US-Amerikaner George Floyd an den Folgen eines Polizeieinsatzes gestorben ist. Acht Minuten kniete ein Polizist auf seinem Hals, obwohl Floyd sagte, er bekäme keine Luft. Seither demonstrieren weltweit Menschen gegen Polizeigewalt.

Rassismus gibt es auch bei Österreichs Polizei. Das legt etwa die Studie Being Black in the EU der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte von 2018 nahe, wo Österreich vergleichsweise schlecht abschneidet. So gab jeder zweite der hierzulande 476 Befragten an, im vergangenen Jahr von der Polizei angehalten worden zu sein. Knapp ein Drittel führt das auf sogenanntes Ethnic Profiling zurück – eine Kontrolle etwa nur wegen der Hautfarbe oder Religion. Überdurchschnittlich viele fanden das Handeln der Polizei respektlos.

Die Daten seien bis zu zehn Jahre alt, heißt es dazu aus dem Innenministerium. Es gebe aber keine Statistik, wie viele Menschen kontrolliert werden und wie das in Zusammenhang mit der Hautfarbe stehe. Durch das 2008 eingeführte Programm Polizei.Macht.Menschen.Rechte habe sich "sicher etwas verändert", was sich in der Studie aber noch nicht zeige. Das Programm dient zum Austausch der Polizei mit NGOs wie Amnesty International oder Zara, dem Verein für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, wo aktuelle Themen und auch Lehrinhalte besprochen werden.

Floyd: "Trauriges Beispiel im Szenarientraining"

Wie werden nun angehende Polizistinnen und Polizisten geschult, damit rassistische Vorfälle nicht passieren? Seit der Ausbildungsreform 2016 setzt man auf praxisorientierten Unterricht mit Szenarientrainings. Etwa von Amtshandlungen wie Funksprüchen, Erste Hilfe, Diebstahlsdelikte oder Einsatztaktik, sagt Thomas Schlesinger, Leiter des Zentrums für Grundausbildung beim Pressetermin in der Marokkanerkaserne in Wien. Diese ist mit jährlich 1.000 von insgesamt 3.500 Schülern das größte Schulungszentrum des Landes.

Menschenrechtstrainer Wolfgang Janca beim Unterricht in der Marokkanerkaserne in Wien. 1.000 Polizeischüler werden hier jährlich ausgebildet.
Foto: Christian Fischer

Am Montag diskutierten dort 15 Schülerinnen und Schüler im Menschenrecht-Unterricht mittels eines Fallbeispiels in Sachen häusliche Gewalt, ob Menschenrechte beim Einsatz verletzt wurden. Auch über den Tod Floyds habe man damals gesprochen, sagt Menschenrechtstrainer Walter Janca. Die Fälle in den USA seien aber kein Anlass, in der Ausbildung etwas zu ändern, sondern ein "trauriges Beispiel im Szenarientraining, wie Amtshandlungen nicht verlaufen dürfen", sagt Schlesinger. Aber: Man wolle sich stetig verbessern.

"Die Polizei ist Teil der Gesellschaft, in der Vorurteile bestehen. Deshalb unterrichten wir von Beginn bis Ende Menschenrechte und Ethik", sagt Janca. 56 Stunden sind dafür vorgesehen. Das zweitägige, externe Seminar "World of Difference" der Anti-Defamation-League ist für alle verpflichtend. Hier würden Vorurteile und Rassismus behandelt werden sowie Selbstreflexion im Zentrum stehen. Jene, die es in ihrer Ausbildung nicht hatten, müssen es nachholen.

Beschwerden gegen Vorfälle

Zara-Geschäftsführerin Caroline Kerschbaumer sagt, Polizeischüler müssten das lernen, "was wir alle lernen müssen, nämlich ein Bewusstsein, dass wir in rassistischen Strukturen leben, sowie Vorurteile reflektieren". An Zara kann man sich wenden, wenn man sich etwa von der Polizei rassistisch diskriminiert fühlt. Das seien Fälle von "Beleidigungen bis hin zu schweren Misshandlungen". Meist beginnen die Vorfälle mit einer "normalen Amtshandlung, wo jemand kontrolliert wird, dann eskaliert es".

Für Kerschbaumer ist es wichtig, dass die Polizei zu Fehlern stehe, Beschwerden würden zu wenig ernstgenommen. Alle Beschwerden würden geprüft, heißt es von der Polizei. Auch Mediationen passierten häufig. Dass bis Herbst ein Konzept für eine unabhängige Behörde zur Untersuchung von Vorwürfen gegen die Polizei ausgearbeitet wird, begrüßt Kerschbaumer.

Viele würden sich nicht beschweren, weil sie sich nicht mit der Polizei anlegen wollen und die Erfolgschancen gering seien – aber auch wegen der Kosten oder Angst vor einer Verleumdungsanzeige. Und letztlich auch, weil "Menschen, die von Rassismus betroffen sind, das dauernd passiert. Für viele ist das so normal, dass sie es nicht mehr melden." (Selina Thaler, 24.6.2020)