Wie viele Menschen wegen Verstößen gegen die Corona-Maßnahmen gestraft wurden und wie hoch die Summe der verhängten Strafen war, ist nicht bekannt.

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Wien – Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat sich am Dienstag gegen eine generelle Aufhebung aller Corona-Strafen ausgesprochen. Eine General-Amnestie sei nicht zielführend, sagte er laut Parlamentskorrespondenz am Dienstag im Menschenrechtsausschuss des Nationalrates auf entsprechende Oppositions-Wünsche – und verwies auf laufende Verwaltungsstrafverfahren und die Rechtsstaatlichkeit.

Es könne durchaus sein, dass es von Polizisten "in dieser fordernden Ausnahmesituation" zu strittigen Entscheidungen gekommen sei, räumte der Minister ein. Er teile aber nicht die Meinung, dass die Mehrheit der Anzeigen aufgehoben werden solle.

In der vergangenen Woche hatten alle drei Oppositionsparteien diesen Schritt gefordert – und am Dienstag im Ausschuss neuerlich zur Sprache gebracht. Das Gesundheitsministerium, das die entsprechenden Corona-Verordnungen erlassen hat, verlautete bereits vergangenen Donnerstag, man plane keine solche pauschale Aufhebung und verwies ebenfalls auf gerichtliche Verfahren, denen man nicht vorgreifen wolle.

Zahl der Strafen unbekannt

Wie viele Menschen in Österreich wegen Verstößen gegen die Corona-Maßnahmen gestraft wurden und wie hoch die Summe der verhängten Strafen war, ist nicht bekannt. Eine – allerdings lückenhafte – parlamentarische Anfragebeantwortung ergab, dass seit Mitte Mai 21.000 Anzeigen erstattet und 10.000 Verwaltungsstrafen verhängt wurde. In der von den NEOS gestellten Anfrage fehlen allerdings diesbezügliche Daten aus der Steiermark.

Auch die Summe der verhängten Strafen ist lückenhaft. Ohne Wien und Steiermark wurden Pönalen in Höhe von 1,5 Millionen Euro verhängt. Die NEOS schätzen, dass es mit Wien und der Steiermark drei bis vier Millionen sind. Aktenkundig sind 26 "Coronapartys", die zu 76 Verwaltungsstrafverfahren führten. Bisher wurden rund 3.700 Rechtsmittel ergriffen.

Strafen unzulässig

Mittlerweile haben zwei Landesverwaltungsgerichte, jene in Wien und Niederösterreich, festgestellt, dass Strafen für den Verstoß gegen die Corona-Ausgangsbeschränkungen unzulässig – weil gesetzlich nicht gedeckt – waren. Das Land Niederösterreich zahlt deshalb alle für Privatbesuche während des Lockdowns verhängten Strafen zurück.

"Die Falschinformationen der türkis-grünen Bundesregierung über Corona-Verhaltensregeln zu ihren eigenen Verordnungen sind der Grund dafür, warum viele Menschen in den vergangenen Monaten zum Teil hohe Strafen ausgefasst haben. Die Behörden haben sich beim Vollzug selbst nicht mehr ausgekannt. Das gehört richtig gestellt. Für uns ist klar, dass all diese rechtskräftigen Strafen den Menschen erlassen werden müssen", sagte SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim das Ansinnen der Sozialdemokraten. (APA, red, 23.6.2020)