Der Österreicher Markus Braun steht im Bilanzskandal als Mittäter unter Verdacht; ebenso seine rechte Hand Jan Marsalek. Dieser wird auf den Philippinen vermutet.

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Manila/Aschheim – Der gefeuerte Wirecard-Vorstand Jan Marsalek hält sich möglicherweise auf den Philippinen auf. Es gebe Hinweise, dass Marsalek weiterhin im Land sein könnte, sagte der philippinische Justizminister Menardo Guevarra am Mittwoch. Insidern zufolge droht Marsalek im Münchner Ermittlungsverfahren um den milliardenschweren Bilanzskandal des Zahlungsdienstleisters eine Verhaftung.

Die Philippinen haben kein Auslieferungsabkommen mit Deutschland. Allerdings will sich Marsalek laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" offenbar den Behörden in München stellen. Er wolle damit Verschonung von der U-Haft erreichen und gegen eine Zahlung von Kaution und die Erfüllung von Auflagen vorerst in Freiheit bleiben. Die "SZ" beruft sich in ihrer Meldung auf "Kenner der Materie" in der Münchener Justiz.

Merkwürdige Einwanderungsakte

Guevarra erklärte, Marsalek sei vom 3. bis 5. März auf den Philippinen gewesen. "Es gibt einige Hinweise, dass er vor kurzem zurückgekehrt ist und sich immer noch hier aufhält." Die Philippinen wüssten nicht, ob Wirecard in dem Land tätig sei. Aber die Behörde hätten etwas "Merkwürdiges" zu Marsalek in der Datenbank der Einwanderungsbehörde gefunden. "Lassen wir es dabei bewenden", sagte der Justizminister nur.

Die Philippinen ermittelten gegen Personen, die in den Wirecard-Bilanzskandal verwickelt seien. Dazu gehöre auch Marsalek. Er habe die Behörden angewiesen, ihre Untersuchungen zu koordinieren.

Die Philippinen spielen in dem Bilanzskandal eine zentrale Rolle. Angeblich sollten sich die verschwundenen Milliarden auf Treuhandkonten bei zwei philippinischen Banken befinden. Doch entsprechende Dokumente erwiesen sich als Fälschung. Marsalek war jahrelang die rechte Hand von Wirecard-Chef Markus Braun und verantwortete auch das Asien-Geschäft.

Braun verkauft Anteile

Braun selbst hat einen großen Teil seiner Wirecard-Aktien abgestoßen. In einer Serie von Verkäufen erlöste er am Donnerstag und Freitag vergangener Woche insgesamt 155 Millionen Euro, teilte der Dax-Konzern in mehreren Ad-hoc-Mitteilungen am Dienstagabend mit.

Als Grund wurden sogenannte Margin-Calls genannt, das heißt, Braun war im Grunde gezwungen, die Aktien zu verkaufen.

Sieben Prozent Anteil

Der im Bilanzskandal um mutmaßliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro als Mittäter unter Verdacht stehende Österreicher war bisher mit sieben Prozent Anteil auch größter Wirecard-Aktionär.

Der Konzern hat insgesamt knapp 123,6 Millionen Aktien im Umlauf, überschlägig hat Braun nun über fünf Millionen seiner rund 8,7 Millionen Wirecard-Aktien verkauft. Die Wirecard-Aktien haben seit Mittwochabend mehr als zehn Milliarden Euro an Wert eingebüßt, Braun selbst dürften die Kursverluste um über eine halbe Milliarde Euro ärmer gemacht haben.

Fünf Millionen Euro Kaution

Braun war am vergangenen Freitag wegen des Bilanzskandals zurückgetreten, die Münchner Staatsanwaltschaft hat ihn am Montagabend festgenommen. Das Münchner Amtsgericht hat den Haftbefehl gegen hohe Auflagen außer Vollzug gesetzt. Braun muss fünf Millionen Euro Kaution hinterlegen und sich wöchentlich bei der Polizei melden. (Reuters, APA, 24.6.2020)