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Bereits am 10. Juni fand ein Fußballspiel in der serbischen Hauptstadt Belgrad vor vollen Rängen statt. Nun steigt die Zahl der Neuinfektionen wieder.

Foto: AP Photo/Darko Vojinovic

Die Kurven in Südosteuropa sehen anders aus als in Mitteleuropa. Die Anzahl der Neuinfektionen pro Tag steigt in mehreren Ländern auf dem Balkan seit ein paar Tagen auf ein Niveau, das es bisher noch nicht gegeben hat. In der Region scheint sich Covid-19 erst so richtig auszubreiten. Laut den Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es noch nie so viele aktive Fälle in Bulgarien wie zurzeit. Zwischen 15. und 21. Juni wurden 606 Neuinfektionen gemeldet. Das ist insbesondere problematisch, weil viele Verwandte aus West- und Mitteleuropa im Sommer ihre Familien besuchen wollen und sich in Bulgarien anstecken könnten.

Auch im Nachbarland Nordmazedonien sieht die Situation viel schlechter aus als im März oder im April, als es noch wenige Ansteckungen gab. Seit Anfang Juni steigt die Anzahl der Erkrankten. Mitte Juni wurden an manchen Tagen in Nordmazedonien fast 200 Neuansteckungen gemeldet. Zuletzt waren es am 23. Juni 118 Fälle. Noch Ende Mai hatte die Regierung behauptet, sie habe die Situation unter Kontrolle. Die Lage ist auch deshalb so angespannt, weil am 15. Juli ein neues Parlament gewählt werden soll, also zu einem Zeitpunkt, wo sich die Krise noch weiter zuspitzen könnte. Die Wahl hätte eigentlich bereits im April stattfinden sollen.

Kroatien und Slowenien mit wenigen Neuinfektionen

Im südlichen Nachbarland Griechenland hat man die Lage hingegen unter Kontrolle. Trotz eines leichten Anstiegs Mitte Juni gibt es weiterhin sehr wenige Neuinfektionen. Die Kurve gleicht jener in den mitteleuropäischen Staaten Kroatien und Slowenien, wo ebenfalls nur ein leichter Anstieg zu vermerken ist. Slowenien hatte angesichts einiger eingeschleppter Fälle jüngst eine erneute Einreisesperre für Menschen aus mehreren Ländern am Balkan in Aussicht gestellt, auch Kroatien wäre womöglich daruntergefallen – was auch Urlauber aus Österreich getroffen hätte, die von Kroatien heimreisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es nun so weit kommt, ist angesichts der kroatischen Grenzschließungen nun gesunken.

Weniger positiv sieht es allerdings in Serbien und Bosnien-Herzegowina aus. Serbien war jenes Land in der Region, das von der Pandemie am meisten betroffen war. Doch ab Ende April gingen die Zahlen hinunter. Trotzdem gab es nun in dem Land mit sieben Millionen Einwohnern in der vergangenen Woche fast täglich mehr als 90 neue Fälle.

Vieles ist auf die Lockerungen zurückzuführen. In Serbien gab es bereits vor zwei Wochen ein Fußballspiel mit 15.000 Zuschauern, und bei einer Party der Schlagersängerin Ceca steckten sich viele mit dem Virus an. In Belgrad hört man zudem, dass das Nachverfolgen neuer Cluster nicht klappt, weil die Gesundheitsbehörden überfordert sind. Im Nachbarstaat Bosnien-Herzegowina stieg die Anzahl der Ansteckungen sogar wieder konstant auf das Niveau von Mitte April. An zwei Tagen der vergangenen Woche wurden sogar wieder mehr als 90 neue Fälle gemeldet. Aus Bosnien-Herzegowina wurde das Virus kürzlich wieder nach Montenegro eingeschleppt, das kleine Adrialand, das davor bereits Covid-frei gewesen war. Auch jetzt ist die Zahl der Ansteckungen minimal.

Sorge in Brüssel

Im Nachbarland Kosovo sind die Zahlen hingegen die letzten zehn Tage über sprunghaft angestiegen und so hoch wie noch nie zuvor. Am 16. Juni wurde ein neuer Rekord von 141 Neuansteckungen an nur einem Tag gemeldet. Ein ähnliches, aber nicht so dramatisches Bild zeigt sich in Albanien, wo die Kurve auch wieder in die Höhe geht. Auch deswegen ist man in Brüssel besorgt und unsicher, ob man zulassen will, dass Bürger aus den Balkanstaaten künftig in EU-Staaten einreisen sollen dürfen. Umgekehrt haben auch einige der südosteuropäischen Staaten, etwa Bosnien-Herzegowina, ihre Grenzen für Touristen noch nicht geöffnet. (Adelheid Wölfl, 24.6.2020)