Forscher der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien haben eine 32.000 Jahre alte Pflanze wieder zum Blühen gebracht. Das Erbgut der zu den Nelkengewächsen zählenden Art Silene stenophylla hat Jahrtausende im sibirischen Permafrostboden überlebt. Die Wissenschafter wollen nun untersuchen, wie die Pflanze an Klimabedingungen angepasst war, teilte die Boku am Mittwoch mit.

Unscheinbar, aber uralt: Silene stenophylla in Blüte.
Foto: BOKU/Jakob Vegh

Unterirdisch überdauert

Bereits 2012 haben Russische Wissenschafter mit Pflanzenmaterial gearbeitet, das aus unterirdischen Höhlen stammte, die vor 32.000 Jahren von Erdhörnchen gegraben und als Futterverstecke genutzt worden waren. Sie lagen mittlerweile rund 38 Meter unter der Oberfläche des Permafrostbodens, der während der gesamten Zeit nie aufgetaut war. Die Forscher entnahmen aus noch unreifen Früchten der Art Silene stenophylla embryonales Gewebe und entwickelten daraus zunächst kleine Setzlinge, pflanzten diese ein und brachten sie zum Blühen.

Boku-Forscherin Margit Laimer mit der Pflanze aus dem Permafrost.
Foto: BOKU/Jakob Vegh

Wissenschaft und Kunst

Durch ihre guten Kontakte zu den russischen Kollegen erhielt die Pflanzenbiotechnologin Margit Laimer vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Boku eine der Gewebekulturen der Pflanze. Ausgangspunkt dieser Wiedererweckung war jedoch ein Kunstprojekt: Der in Wien lebende Künstler Christian Kosmas Mayer befasst sich schon seit Jahren mit der Idee, Zeiträume zu vergegenwärtigen. Auf seine Initiative geht auch die Kontaktaufnahme der Boku mit den russischen Wissenschaftern zurück. 2019 stellte er die Kulturen als Teil seiner Schau "Aeviternity" im Wiener mumok aus.

Mit "viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl" ist es den Wissenschaftern nun gelungen, die Pflanze in Wien zum Blühen zubringen, in transparenten Bechern zeigen die auf einem Nährmedium gedeihenden kleinen Pflanzen ihre weißen Blüten. Dass es so weit kommt, hänge von vielen Umwelteinflüssen ab, betonte Laimer, vor allem der Pflanzenhormongehalt im Medium sei ein entscheidender Faktor. "Die Wachstumsbedingungen waren für die Silene offenbar so gut, dass sie nun zu blühen begonnen hat."

Nun soll mittels genetischer Analysen untersucht werden, wie sich das Pflanzengenom entwickelt hat und die Pflanze an die damaligen Klimabedingungen angepasst war. Durch den Vergleich mit heutigen Verwandten, zu denen unter anderem Leimkräuter und Lichtnelken gehören, wollen die Wissenschafter erforschen, wie die evolutionäre Entwicklung dieser Pflanzengattung vor sich gegangen ist und was sich im Erbgut der nächsten Verwandten in den vergangenen 32.000 Jahren verändert hat. (red, APA, 24.6.2020)