So sah es vor 25 Millionen Jahren am Lake Pinpa aus: Das Wombat Mukupirna nambensis im Kreis von Zeitgenossen wie Flamingos und Oxyura-Enten.
Illustration: Peter Schouten

Ganze drei Arten von Wombats gibt es heute noch – oder vier, wenn man den sehr nahe verwandten Koala auch noch dazurechnet. Der tanzt freilich etwas aus der Reihe der Verwandtschaft und hat buchstäblich eine andere Richtung eingeschlagen: hinauf auf die Bäume, während die eigentlichen Wombats Tunnel und Wohnhöhlen in den Erdboden graben.

Das sah bis vor einigen zehntausend Jahren noch völlig anders aus. In der langen Zeit der geografischen Isolation Australiens hatte die Wombat-Verwandtschaft, die Vombatiformes, eine Fülle ganz unterschiedlicher Arten hervorgebracht. Dazu gehörten auch die größten Beuteltiere, die es jemals gegeben hat: Mit zwei Meter Schulterhöhe und zweieinhalb Tonnen Gewicht war das Diprotodon Australiens Antwort auf die Nashörner und Flusspferde der Plazentatier-Sphäre. Zum Vergleich: Die heutigen Wombats bringen es nur noch auf 20 bis 40 Kilogramm – was für ein Tier mit grabender Lebensweise allerdings immer noch beachtlich viel ist.

Der Neue

Nun stellt ein Team um Robin Beck von der University of Salford in Großbritannien im Fachjournal "Scientific Reports" eine bislang unbekannte Spezies vor, die eine Mittelstellung zwischen den ausgestorbenen Riesen und den heutigen Hobbits der Wombat-Welt einnimmt. Sie lebte vor etwa 25 Millionen Jahren und hätte den Forschern zufolge 143 bis 171 Kilogramm auf die Waage gebracht.

Der knapp 20 Zentimeter lange Schädel des Wombats.
Foto: Julien Louys, Griffith University and Robin Beck, University of Salford

Gefunden wurden Teile des Schädels und des Skeletts nahe dem Lake Pinpa im Bundesstaat South Australia. Abgeleitet aus regionalen Aborigine-Sprachen, erhielt der halbe Riese den Namen Mukupirna nambensis, wobei Mukupirna so viel wie "Große Knochen" bedeutet.

Eine Mittelstellung nahm das Tier aber nicht nur in Sachen Größe ein, sondern auch, was die Lebensweise betrifft. Aus einigen Skelettmerkmalen, etwa der Vorderbeine, schließen die Forscher nämlich, dass auch Mukupirna aufs Graben eingestellt war. Zwar nicht so gut wie ein heutiges Wombat – das hätte alleine schon seine Größe verhindert. Aber das Tier dürfte laut Beck zumindest dazu in der Lage gewesen sein, den Boden aufzuscharren, um an Wurzeln und Knollen zu gelangen. Möglicherweise hat sich damals also die Lebensweise herausgebildet, die diese Tiergruppe heute prägt.

Wenn Wombats wild werden

Und ein wesentliches Merkmal heutiger Wombats fehlte Mukupirna ganz. Die haben nämlich im Ober- und Unterkiefer jeweils ein Paar Schneidezähne ohne Wurzeln, die so wie die ebenfalls wurzellosen Backenzähne beständig nachwachsen können: ein gewaltiger Vorteil, wenn man sich vor allem von hartem Pflanzenmaterial ernährt, das die Zähne rasch abnutzen würde. Mit ihrem für Beuteltiere einzigartigen Gebiss ähneln die Wombats eher Nagetieren – ein Beispiel für konvergente Evolution.

Die genaue Bedeutung Mukupirnas für den Stammbaum der Wombats und die Entwicklung der Fähigkeit zum Graben ist noch zu klären. Auf jeden Fall bereichert die Spezies aber die Palette einer einstmals sehr vielfältigen Tiergruppe. Dazu gehörten neben den genannten unter anderem noch der vermutlich mit einem kleinen Rüssel versehene "Beuteltapir" Palorchestes und der mit gewaltigen Reißzähnen ausgestattete "Beutellöwe" Thylacoleo carnifex.

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"Wir können auch anders!"
Foto: AP Photo/Chicago Zoological Society, Jim Schulz

Der Beutellöwe war das größte fleischfressende Beuteltier aller Zeiten und ein gefährlicher Jäger – davon geben seine heutigen, rein vegetarisch lebenden Verwandten nur noch eine schwache Ahnung. Wombats können durchaus unwirsch werden, wenn es gilt, den Bau zu verteidigen. Vor ihren Zähnen und Krallen sollte man sich besser in Acht nehmen – und nicht zuletzt vor ihrer Taktik, wie eine bepelzte Kegelkugel loszuschießen und den störenden Zweibeiner einfach umzuwerfen. Insgesamt aber probieren sie's aufgrund ihres extrem langsamen Stoffwechsels lieber mit Gemütlichkeit. (jdo, 25. 6. 2020)