Im Grasser-Prozess berichtete am Mittwoch ein leitender Linzer Finanzbeamter über die Entscheidung, in den Terminal Tower zu übersiedeln, obwohl andere Optionen beliebter waren.

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Wien/Linz – Im Grasser-Prozess war am Mittwoch als zweiter Zeuge ein leitender Linzer Finanzbeamter am Wort. Wilfrid R. führte aus, dass die Abteilungsleiter in Linz damals für eine Übersiedlung der Mitarbeiter in die Sonnensteinstraße waren – und der Linzer Terminal Tower nur die zweite Wahl war. Letztendlich erhielt aber die zweite Wahl den Zuschlag, weil der Erstgereihte sein Angebot zurückgezogen habe, so R.

Womit ein privates Konsortium aus Porr und Raiffeisen Landesbank Oberösterreich als Projekterrichter des Terminal Tower zum Zug kam, während das Grundstück in der Sonnensteinstraße im Besitz der staatlichen Bundesimmobiliengesellschaft (Big) war. Richterin Marion Hohenecker fragte nach, wie der Zeuge vom angeblichen Rückzug der Big erfahren habe. Durch einen Telefonanruf eines Kollegen, vermutlich Anfang März 2006, so der Zeuge. Damit sei für ihn die Angelegenheit erledigt gewesen, weil ja der Terminal Tower als zweitgereihtes Projekt auch nicht schlecht gewesen sei. "Aber Variante eins wäre uns lieber gewesen", so der Zeuge am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht.

Mehrere Auswahlverfahren

Dass die Mitarbeiter die Sonnensteinstraße bevorzugt hätten, sei an den günstigeren Mietkonditionen, der besseren öffentlichen Anbindung und letztendlich am Tower selbst gelegen – denn die Entscheidung für oder gegen den Turm sei noch unter dem Eindruck der Terroranschläge von 9/11 in den USA gestanden, wo die beiden Türme des World Trade Center mit Passagierflugzeugen attackiert wurden. Und außerdem wäre das Geld für die Miete beim Big-Projekt wieder im "Staatssäckel" gelandet, so der Beamte.

Der Zeuge sagte auch aus, dass es für den Umzug der Finanzbehörden in Linz bereits vorher ein Auswahlverfahren gegeben habe – an dem das letztendlich siegreiche Projekt Terminal Tower gar nicht teilgenommen habe. Mangels ausreichender Bewerber sei das Umsiedlungsprojekt aber damals gestoppt worden. Warum wiederum die Big beim zweiten Anlauf ihr Angebot zurückgezogen habe, wusste der Zeuge nicht.

Angeklagter hatte Einfluss bei Big

Vizeaufsichtsratspräsident der Big war damals der nunmehr angeklagte Immobilienmakler Ernst Karl Plech. Ihm, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und den Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger wirft die Anklage vor, ein Bestechungsgeld von insgesamt 200.000 Euro für den Einzug der Finanz in den Terminal Tower vom Errichterkonsortium Porr/Raiffeisen erhalten zu haben.

Alle vier Angeklagten bestreiten eine Bestechung. Laut Meischberger erhielt er die 200.000 Euro für Beratungsleistungen von der Porr. Plech ist seit vielen Monaten nicht mehr verhandlungsfähig, ein ärztliches Gutachten bescheinigte ihm aber vor kurzem Verhandlungsfähigkeit, wogegen Plech noch Einspruch einlegen kann. (APA, 24.6.2020)