"Geht’s der Wirtschaft gut ..." bleibt auch in der Präsidentschaft von Harald Mahrer das Motto der Wirtschaftskammer.

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Wien – So easy, wie im März von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer angekündigt, dürfte die Aussetzung der WKO-Mitgliedsbeiträge doch nicht vonstatten gehen. Jedenfalls nicht automatisch. Denn die Einhebung des Pflichtbeitrags Grundumlage (GU) obliegt nicht der Bundeswirtschaftskammer, sondern den zahlreichen Fachgruppen in den neun Landeskammern.

Ein Rundruf bestätigt diesen Eindruck. Die Aussetzung der GU-Beiträge – nicht zu verwechseln mit den Kammerumlagen 1 und 2, (die von Umsatz bzw. Lohnsumme abhängig sind) – wurde noch nicht ansatzweise flächendeckend auf Schiene gebracht. Die Fachgruppen hätten teils noch nicht getagt, verlautet etwa aus der Wiener Kammer (WKW). Daher lägen noch keine Beschlüsse vor, beschieden auch steirische Funktionäre.

Kein dauerhafter Verzicht

Für das "Aussetzen" der GU-Beiträge könnte es somit eng werden, zumal die Vorschreibungen üblicherweise im Sommer verschickt werden. Im März hatte die Kammer verkündet, dass bereits verschickte Vorschreibungen als gegenstandslos zu betrachten seien. Zudem ist "Aussetzen" nicht gleichbedeutend mit "Verzicht", die GU kann von den Fachgruppen nach der Coronakrise nachverrechnet werden. Die rechtliche Verpflichtung zur Einhebung der Grundumlage besteht nämlich unverändert fort, darauf wurde in der Sitzung des Erweiterten Präsidiums der Bundeswirtschaftskammer Anfang Juni explizit hingewiesen, bestätigen Teilnehmer.

Die Fesseln der Coronakrise ablegen, dabei will Kammerpräsident Harald Mahrer die Unterstützung der Politik für die Wirtschaft.
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Es wird also spannend, wie die Fachgruppen entscheiden. Sie haben dabei auf die "eigene ökonomische Situation und auf die ihrer Mitglieder Bedacht" zu nehmen. Erstere ist regional höchst unterschiedlich – wie die Höhe der Grundumlage, die pro Fachgruppe je nach Bundesland zwischen 80 Euro und 250 Euro variieren – und weit darüber hinausgehen kann, wobei auch zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterschieden wird. Wiewohl das Präsidium die Basisorganisationen im Juni zu raschen Entscheidungen drängte, steht laut STANDARD-Recherchen drei Monate nach Verkündigung des Aussetzens keineswegs fest, ob die GU nun reduziert, gestundet oder ganz erlassen wird.

Reserven anzapfen

Die Vorsitzende der Grünen Wirtschaft, Sabine Jungwirth, kritisiert genau das. Sie forderte die WKO-Führung einmal mehr auf, entfallende GU-Einnahmen durch Auflösung der in Millionenhöhe vorhandenen Rücklagen zu decken. Betrieben empfiehlt sie, bei der Fachgruppe Ermäßigung oder Erlass der GU zu beantragen. Aufgrund der Pandemie sei das formlos möglich und argumentierbar. Als nächsten Schritt fordert Jungwirth die Absenkung der Kammerumlage 2: "Die Wirtschaftskammer fordert seit Jahren die Senkung der Lohnnebenkosten, aber im eigenen Bereich passiere wenig. Nun sei "der richtige Zeitpunkt, zur Entlastung der Betriebe und Schaffung von Arbeitsplätzen beizutragen."

Konjunktur und Investitionen

Stichwort Lohnnebenkosten: Im Programm für seine Präsidentschaft bis 2025 spielt dieses Leibthema der Wirtschaftstreibenden eine überraschend untergeordnete Rolle. Sie ist wohl im Kapitel "Wirtschaftsstandort stärken" verpackt. Angesichts der Pandemie gehe es jetzt um die Ankurbelung der Konjunktur, Anreize für Investitionen und den Green Deal der EU, von dem sich heimische Betriebe Aufträge erwarten.

Der programmatische Fokus unterscheidet sich nicht wesentlich von jenen unter Vorgänger Christoph Leitl: Bildung und Qualifizierung (mit Aufwertung der Lehre), Innovation und Digitalisierung (vor allem für Klein- und Mittelbetriebe) sowie Internationalisierung und Export. In Südostasien, Zentralasien (Kaukasus), Westafrika und Ostafrika sind neue Außenwirtschaftscenter geplant.

Blick nach oben: Nach der Coronakrise kann es für Kammerpräsident Harald Mahrer nur mehr aufwärts gehen.
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Aber zunächst gehe es ums rasche Hochfahren möglichst vieler Wirtschaftsbereiche nach Corona und "Mut machen", damit der Wirtschaftsmotor wieder anspringe. Und natürlich ein Entlastungs- und Investitionspaket, das die Bereitschaft zu Konsum und Investitionen stärke. Hier geht Mahrer synchron mit dem neuen Präsidenten der Industriellenvereinigung, Georg Knill.

Wie in Nordkorea

Die Wahlen im Wirtschaftsparlament der Kammer heute, Donnerstag, sind im Prinzip Formsache. Dank satter Mehrheit (69,6 Prozent) sind Präsident und Präsidium fest in Hand des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Mahrers Vizepräsidenten sind die Unternehmer Philipp Gady, Carmen Goby und Amelie Groß (früher Junge Wirtschaft). Die Kärntner PR-Beraterin Goby soll die "EPU-Repräsentantin" geben, und Martha Schultz Vizepräsidentin bleiben. Richard Schenz bleibt kooptiertes Mitglied – wie auch Mahrers Vize Christoph Matznetter (SWV) und Matthias Krenn (FW). (ung, 25.6.2020)