Behäbig, blockierend, altmodisch: Das sind Adjektive, die derzeit oft der SPÖ zugeschrieben werden, wenn es darum geht, Projekte zur Verkehrsberuhigung in Wien zu diskutieren. Viele Wienerinnen und Wiener, vor allem junge rot- und grün-affine, sind im Kopf nämlich schon weiter, was das eigene Mobilitätsverhalten betrifft. Sie gieren nach Veränderung, wollen nicht mehr auf Autos angewiesen sein und können es nicht verstehen, warum bei den Maßnahmen nicht mehr aufs Tempo gedrückt wird.

In sozialen Netzwerken kursieren Fotos unter dem Hashtag #RunterVomRadweg, um Stimmung gegen die Autodominanz zu machen. Viele dieser Menschen fühlen sich von den Grünen abgeholt, die den Zeitgeist eher treffen. Besonders radikal sind aber auch die Maßnahmen der Öko-Partei nicht: Eine "autofreie Innenstadt" verspricht mehr, als es ist, wenn weiterhin zu Garagen zugefahren werden kann.

Die SPÖ stimmte gemeinsam mit der FPÖ im Bezirksparlament für die Abschaffung des Pop-up-Radwegs auf der Praterstraße.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Der Pop-up-Radweg auf der Praterstraße ist auch keine Erfindung der Wiener Grünen, die hier internationalen Vorbildern gefolgt sind. Er scheint aber gut angenommen zu werden. Dass die SPÖ gemeinsam mit der FPÖ im Bezirksparlament nun für dessen Abschaffung stimmte, sorgt bei vielen nur für Kopfschütteln.

Dabei war die SPÖ nicht immer so bremsend. Man denke an die Einführung des Parkpickerls in den 1990er-Jahren oder daran, als der ehemalige Bürgermeister Helmut Zilk zur etwa gleichen Zeit den Ringradweg umsetzte.

Woran also hakt es? Es ist die Angst vor Stimmenverlust. Immer noch gibt es viele Menschen, vor allem ältere, die lieber ins Auto steigen. Die will man nicht vergrämen, obwohl mit Überzeugungsarbeit auch hier zum Teil eine Änderung im Nutzungsverhalten möglich wäre.

Es ist ein Dilemma für die SPÖ, wenn sie immer die Wählerstimmen im Kopf hat. So wird das nichts mit einer mutigen, zukunftsträchtigen Verkehrspolitik. (Rosa Winkler-Hermaden, 24.6.2020)