Michael Flynn im Wahlkampf 2016 für Donald Trump. Der Präsident hat den Einsatz nicht vergessen, er zeigt sich erkenntlich.

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Washington – Ein US-Berufungsgericht hat die Einstellung des Verfahrens gegen den früheren Nationalen Sicherheitsberater von Präsident Donald Trump, Michael Flynn, in der Russland-Affäre angeordnet. Das Verfahren müsse wie vom US-Justizministerium beantragt beendet werden, urteilten die Richter am Mittwoch. Das ist ein juristischer Erfolg für Flynn und Trump, der sich wiederholt öffentlich für seinen früheren Sicherheitsberater eingesetzt hatte. Der Präsident sprach von einer "großartigen" Entscheidung.

Das Justizministerium hatte Anfang Mai die Vorwürfe gegen Flynn fallen lassen, obwohl dieser sich zwei Mal schuldig bekannt hatte, die US-Bundespolizei über seine Kontakte zum früheren russischen Botschafter in den USA belogen zu haben. Kritiker bezeichneten dies als politisch motivierte Entscheidung des Justizministeriums zugunsten von Trumps Umfeld. Der zuständige Bundesrichter in Washington, Emmet Sullivan, setzte das Verfahren zunächst trotzdem fort. Das Berufungsgericht in der Hauptstadt erklärte am Mittwoch aber, Sullivan müsse dem Antrag des Justizministeriums auf eine Einstellung nachkommen.

Trump kommentierte dies im Kurzbotschaftendienst Twitter mit dem Wort "toll!". Seine Sprecherin Kayleigh McEnany bezeichnete die Entscheidung als "Sieg der Gerechtigkeit und Wahrheit". Allerdings könnte Richter Sullivan die Entscheidung des Berufungsgerichts anfechten und auf eine Fortsetzung des Verfahrens drängen.

Flynn, eine zentrale Figur der Russland-Affäre, war 2017 nur 23 Tage als Nationaler Sicherheitsberater im Amt gewesen. Später räumte er im Zuge der Ermittlungen wegen möglicher russischer Einflussnahme auf die US-Präsidentenwahl 2016 ein, die Bundespolizei FBI belogen zu haben. Er hatte gesagt, nicht mit dem russischen Botschafter in Washington, Sergej Kislyak, telefoniert zu haben. Das Gespräch wurde aber abgehört. Auch Vizepräsident Mike Pence soll er in der Sache angelogen haben. Flynn bekannte sich später schuldig, das FBI belogen zu haben. Später erklärte der Ex-General aber, das Schuldbekenntnis zurückziehen zu wollen. Das Justizministerium erklärte im Mai, die damalige FBI-Befragung sei ohne "legitime Ermittlungsgrundlage" erfolgt. Deswegen seien Flynns Aussagen juristisch nicht relevant, selbst wenn sie unwahr sein sollten.

Bevorzugung für Roger Stone

Die Einstellung des Verfahren fällt in eine Reihe mit weiteren umstrittenen Entscheidungen des Justizministeriums. So sprach Staatsanwalt Aaron Zelinsky am Dienstag vor dem Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses von einer Bevorzugung des Trump-Vertrauten Roger Stone durch die Justiz unter Minister William Barr. "Ich habe – wiederholt – gehört, dass Roger Stone wegen seiner Beziehung zum Präsidenten anders als alle anderen Angeklagten behandelt wurde", sagte er.

Hintergrund des Falls Stone sind die Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller dazu, ob es im Präsidentschaftswahlkampf 2016 Absprachen des Trump-Lagers mit Russland gab. Zelinsky gehörte zu Muellers Team. Stone hatte 2015 für Trump gearbeitet und stand auch danach weiter in Kontakt mit ihm, als eine Art informeller Berater. In der Erklärung schreibt Zelinsky, ihm sei gesagt worden, dass der geschäftsführende Staatsanwalt des Hauptstadtbezirks Washington, Timothy Shea, von den "höchsten Ebenen des Justizministeriums" unter Druck gesetzt worden sei. Shea habe Stone demnach eine beispiellos bevorzugte Behandlung zukommen lassen, weil der Staatsanwalt "Angst vor dem Präsidenten" gehabt habe.

Einfluss und Entlassungen

Stone war im Februar wegen Vergehen im Zusammenhang mit der Russland-Affäre zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden. Geschworene sahen es als erwiesen an, dass er sich im Zusammenhang mit Kontakten zur Enthüllungsplattform Wikileaks unter anderem Falschaussagen, der Behinderung von Ermittlungen und der Beeinflussung von Zeugen schuldig gemacht hat. Wegen der Schwere von Stones Vergehen hatten die Ankläger dem Bundesgericht in Washington eine Haftstrafe von sieben bis neun Jahren Gefängnis empfohlen. Im Anschluss hatte Trump seiner Wut auf Twitter Luft gemacht. Zelinsky war einer von vier Staatsanwälten, die ihren Rücktritt erklärt haben, nachdem das Justizministerium Anfang des Jahres dem Bundesgericht entgegen der Einschätzung der Staatsanwälte ein geringeres Strafmaß für Stone empfohlen hatte.

Zuletzt sorgte zudem die Entlassung des Bundesanwalts für Manhattan, Geoffrey Berman, für Aufsehen. Berman hatte Ermittlungen gegen Trumps Umfeld geleitet, unter anderem gegen dessen Anwalt Rudy Giuliani. Just für Mittwoch war vor einem Kongressausschuss eine Anhörung zu politischer Einflussnahme durch das Justizministerium angesetzt. Justizminister Barr hatte zuvor eine Erklärung veröffentlichen lassen, wonach Berman zurückgetreten sei. Dieser dementierte, einen Tag später folgte seine Entlassung. Berman war Republikaner und von Barrs Amtsvorgänger Jeff Sessions für das Amt des Bundesanwalts nominiert worden. (APA, Reuters, mesc, 24.6.2020)