Das Emblem am Eingang des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg.

Foto: EPA / JULIEN WARNAND

Luxemburg – Fehlende Kapazitäten in Aufnahmezentren dürfen nach einem Urteil des EuGH nicht dazu führen, dass schutzsuchende Migranten in Haftanstalten untergebracht werden. Dies sei nach EU-Recht kein Haftgrund, befanden die Luxemburger Richter am Donnerstag.

Anlassfall aus Spanien

Zudem entschieden sie, dass sich illegal in der EU aufhaltende Migranten einen Antrag auf internationalen Schutz auch bei jenem Richter stellen können, der eigentlich über ihre Inhaftnahme entscheiden soll (Rechtssache C-36/20 PPU). Hintergrund ist ein Fall in Spanien, bei dem die Seenotrettung im vergangenen Dezember nahe Gran Canaria ein Boot mit 45 Drittstaatsangehörigen abfing. Eine spanische Behörde ordnete die Abschiebung der Menschen an. Ein Betroffener teilte dem Untersuchungsrichter jedoch mit, dass er einen Antrag auf internationalen Schutz stellen wolle.

Der Richter ordnete daraufhin an, dass der Migrant in einer Hafteinrichtung für Ausländer untergebracht werden soll, weil es in humanitären Aufnahmeeinrichtungen keinen Platz mehr gab. Dort sollte auch sein Schutzantrag bearbeitet werden. Der Betroffene legte Einspruch dagegen ein, dass er in Haft genommen werden sollte.

Die Luxemburger Richter gaben ihm nun Recht. Das EU-Recht sehe in einem Fall wie diesem keinen Haftgrund. Zudem erklärten sie, dass Anträge auf internationalen Schutz auch bei Gerichten und Behörden gestellt werden können, die eigentlich nicht dafür zuständig sind. Ziel des EU-Rechts sei, möglichst einfachen Zugang zu einem solchen Verfahren zu gewähren. Somit falle auch ein Untersuchungsrichter, der über die Inhaftnahme eines illegal im Land befindlichen Drittstaatsangehörigen entscheiden soll, unter "andere Behörden" in der entsprechenden EU-Richtlinie. (APA, 25.6.2020)