Gerade wirtschaftsschwachen Ländern wie etwa in Afrika würde ein einfaches und günstiges Verfahren sehr helfen. Bisher war es für afrikanische Länder schwierig, auf dem globalen Markt Testkits zu kaufen und die Laborkapazitäten auszubauen.
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Wiener Forscher haben ein neues Testverfahren auf Sars-CoV-2 entwickelt, das ebenso einfach wie günstig sein soll, weil es weder spezielle Laborausrüstung noch Expertenwissen erfordert. Das auf dem Preprint-Server "bioRxiv" vorgestellte Verfahren könnte in bevölkerungsweiten Vorsorgeuntersuchungen vor allem in wirtschaftlich benachteiligten Ländern zum Einsatz kommen, teilten das Institut für Molekulare Biotechnologe (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und das Institut für Molekulare Pathologie (IMP) mit.

Hintergrund

Um die Viruslast bei einer Covid-19-Infektion zu messen, werden PCR-Tests eingesetzt. Aus den entnommenen Proben wird das Erbgut des Virus extrahiert, dann bei der namensgebenden PCR-Messung (Polymerase Chain Reaction) vermehrt und fluoreszierend markiert. Weil das Erbgut des Coronavirus Sars-CoV-2 auf RNA basiert, muss diese zunächst in DNA umgewandelt werden, die dann millionenfach vermehrt wird. Dabei wird mittels eines Enzyms die DNA viele Male verdoppelt.

Für den jeweils nächsten Verdoppelungsschritt müssen die DNA-Doppelstränge aber aufgeschmolzen werden – und dazu muss die Probe jeweils auf 95 Grad Celsius aufgeheizt werden. "Für diese zyklische Reaktion braucht man relativ teure und ausgefeilte Geräte sowie Fachpersonal – was in abgelegenen oder ressourcenarmen Umgebungen schwer zu bewerkstelligen ist", sagt Julius Brennecke vom IMBA.

Verbesserte Methode

Brennecke hat nun gemeinsam mit Andrea Pauli vom IMP und den drei Doktoratsstudenten Max Kellner, Julian Ross und Jakob Schnabl eine seit rund 20 Jahren bekannte und etablierte Reaktion, die sogenannte "Loop-mediated isothermal amplification" (RT-LAMP), verbessert. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Vermehrung der DNA nicht zyklisch stattfindet, sondern bei einer konstanten Temperatur – im konkreten Fall bei 63 Grad Celsius. Die Aufschmelzung des DNA-Doppelstrangs erfolgt hier über ein Enzym.

Der Nachteil: Die Methode war bisher nicht sensitiv genug, aber das hat sich laut den Forschern durch ihre Weiterentwicklung geändert. "Wir konnten in unserer Arbeit das Verfahren robuster und sensitiver machen", sagte Andrea Pauli. Die Forscher arbeiteten dabei mit der Klinik Favoriten (Kaiser-Franz-Josef Spital) zusammen, die Patienten-Proben für die Tests bereitstellte.

In der Praxis

In nur 30 Minuten lässt sich mit dem neuen Test ein Virus-Nachweis mit dem bloßen Auge durch einen Farbwechsel von violett zu himmelblau im Reaktionsgefäß beobachten. Weder spezielle Laborausrüstung noch Expertenwissen sind dafür erforderlich – der schwierigste Schritt besteht darin, die Probe während der 30 Minuten der Reaktion auf einer stabilen Temperatur von rund 63 Grad Celsius zu halten, was aber selbst mit Hilfe von Küchengeräten möglich sei.

"Wir hoffen, dass unsere Methode nicht nur in Industrieländern, sondern auch in Schwellen- und Entwicklungsländern überall auf der Welt einen wirklichen Unterschied machen wird. Empfindliche, erschwingliche und schnelle Sars-CoV-2-Screening- und Diagnostikansätze werden überall dringend benötigt", so Brennecke. (red, 25.6.2020)