Menschen campieren vor den Arbeitsämtern – mittlerweile kein ungewohntes Bild mehr in den Staaten.

Foto: AFP/John Sommers II

Washington – Die Corona-Pandemie hat die US-Wirtschaft im ersten Quartal so stark schrumpfen lassen wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Zwischen Jänner und März fiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von fünf Prozent, bestätigte das Handelsministerium am Donnerstag eine frühere Schätzung.

Das ist der stärkste Rückgang seit den Jahren 2007 bis 2009, weil privater Konsum, Investitionen und Exporte deutlich sanken. Für das zweite Quartal wird ein noch tieferer Einbruch erwartet, da der Kampf gegen die Pandemie zu umfangreichen Werks- und Geschäftsschließungen führte.

1,5 Millionen Anträge auf US-Arbeitslosenhilfe

Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ebbt unterdessen nur langsam ab. Insgesamt stellten vorige Woche erneut rund 1,48 Millionen Bürger einen Antrag auf staatliche Stütze, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag mitteilte.

Die Pandemie hat in den USA Vollbeschäftigung in Massenarbeitslosigkeit umschlagen lassen: Mehr als 20 Millionen Amerikaner verloren im April ihren Job, bevor im Mai ein vorläufiges Ende des Abwärtstrends einsetzte und rund 2,5 Millionen Jobs geschaffen wurden.

Aufträge erholen sich trotz Rezession

Die US-Wirtschaft steckt in einer tiefen Rezession. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet heuer mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts von acht Prozent. Die Notenbank Fed hat mit Notfallprogrammen und Wertpapierkäufen gegengesteuert und geholfen, die Wirtschaft über Wasser zu halten.

Dennoch zeigt sich die Industrie im Mai deutlich erholt vom Auftragseinbruch der Vormonate. Die Bestellungen für langlebige Gebrauchsgüter wie Flugzeuge oder Maschinen wuchsen um 15,8 Prozent zum Vormonat, wie das Handelsministerium am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 10,9 Prozent gerechnet, nachdem es im April einen Einbruch von 18,1 Prozent gegeben hatte.

"Die Daten signalisieren, dass das Tief der Corona-Krise durchschritten sein könnte", sagte Helaba-Analyst Patrick Boldt. "Dennoch bleiben die Konjunktursorgen vorerst bestehen, da die Zahl der Corona-Neuinfektionen in einigen Regionen der USA noch sehr hoch ist.

Schwächen des Systems

Die Corona-Krise kann nach Einschätzung des IWF Schwächen im weltweiten Finanzsystem noch verstärken. Sowohl in Industrie- als auch in Schwellenländern könnte die Verschuldung von Unternehmen und Haushalten in einigen Fällen nicht mehr beherrschbar sein, sofern der Konjunktureinbruch besonders heftig ausfalle, hieß es in dem am Donnerstag vorgelegten Finanzstabilitätsbericht des IWF.

Insolvenzen würden zum Test für die Widerstandsfähigkeit von Banken. Diese seien aber mit einer höheren Liquidität und größeren Kapitalpuffern in die Corona-Krise gegangen. Viele Geldhäuser dürften ihre Risikovorsorge für faule Kredite nun aufstocken beziehungsweise täten dies bereits. Sie sollten wegen der Pandemie ihre Puffer anzapfen, keine Dividenden mehr zahlen und auf Aktienrückkäufe verzichten. Dann könnten sie weiterhin Kredite vergeben und die wirtschaftliche Lage stabilisieren. Bisher würden Banken in den meisten großen Ländern weiterhin Darlehen vergeben, was an den riesigen Hilfsmaßnahmen der Regierungen liegen dürfte. (red, APA, 25.6.2020)