Bald wird sich aus dem fruchtbaren Boden des Donaufelds ein ganzer neuer Stadtteil erheben. Dass die Landwirtschaft zumindest teilweise verloren geht, bedauern viele.

Foto: Putschögl

Wer der Bundesstraße 3 von Kagran Richtung Nordwesten folgt und dann nach wenigen Hundert Metern links abbiegt, findet sich plötzlich auf dem flachen Land wieder. Wiesen und Felder, beinahe so weit das Auge reicht, durchzogen von schmalen Wegen, auf denen hauptsächlich Jogger und Eltern mit Kinderwägen anzutreffen sind: Das ist das Donaufeld in Wiens 21. Bezirk. Eine grüne Idylle zwischen den Bezirkszentren Kagran und Floridsdorf, umrahmt von den Hochhäusern der Donau-City und dem Donauturm.

So idyllisch wird es hier nicht mehr lange sein. Die Bebauung war schon im Stadtentwicklungsplan 1995 vorgesehen, sie wurde aber wegen einsetzender Grundstücksspekulation zurückgestellt, erinnert sich Heinz Berger. Er ist seit 2015 grüner Bezirksrat in Floridsdorf, davor war er lange Jahre Obmann der Bürgerplattform Donaufeld. Einer Initiative, die vielleicht weniger Radau machte, als sie hätte machen sollen, meint er rückblickend. "Wir haben schon damals sehr früh akzeptiert, dass das Donaufeld irgendwann bebaut wird." Der konstruktive Zugang sei möglicherweise ein "politischer Fehler" gewesen: "Man erreicht immer mehr, wenn man zuerst einmal komplett dagegen ist."

Grundsätzlich dagegen ist er aber auch heute nicht. "Wir haben im Bürgerbeteiligungsverfahren auf die Schaffung von Qualitäten gepocht", so Berger. Soziale und ökologische Qualitäten, wie etwa die Absicherung des nun zwölf, bald 14 Hektar großen "Grünzugs", der den westlichen vom östlichen Teil (wo sich die erste Bauetappe "An der Schanze" befindet) trennt.

Wenig Ökologie

Architektonisch kommt ihm als Grünem aber die Ökologie ein wenig zu kurz. "Man hätte mehr darauf schauen müssen, dass das ein klimagerechter Stadtteil wird", sagt Berger zum STANDARD. Schließlich werde das immer wichtiger. Und den "speziellen Charakter des Donaufelds" mit seiner traditionsreichen Stadtlandwirtschaft in die architektonische Umsetzung einzubinden, das sei leider auch nicht gelungen. Vom vielfach gewünschten Stadtteil mit Urban Farming ist bloß ein bauplatzübergreifendes Urban-Gardening-Konzept übrig geblieben. Dabei sei der Boden im Donaufeld "ein unheimlich guter Schwemmlandboden, ideal für die Landwirtschaft". Wenigstens im westlichen Teil des Gebiets sollte daher die Landwirtschaft erhalten bleiben. Auch die Biogemüseproduktion samt Verkauf vor Ort müsse bleiben, "das ist den Leuten hier echt ein großes Anliegen, die Nachfrage ist riesig".

Und sie wird noch steigen: 1400 Wohnungen sollen bis 2023 gebaut werden, knapp 140 davon als freifinanzierte Eigentumswohnungen (Bauträger Buwog, Arwag, Wien Süd), der große Rest als geförderte Miet- oder Heimwohnungen. Einen Info-Container hat die Stadt schon aufgestellt. "Leben auf allen Ebenen" heißt ein Projekt des Bauträgers Wien Süd, das unter anderem Maisonetten für Wohnen und Arbeiten und einen sechsgruppigen Kindergarten vorsieht. Die Sozialbau AG bzw. deren Tochterunternehmen bringt einen Supergreißler mit ins Grätzel, andere Bauprojekte sehen eine Fahrradwerkstatt, eine Mobilitätsstation, einen Sozialstützpunkt mit Café, einen Supermarkt und ein Studentenheim mit Sporthalle und Fitnessraum vor. Auch ein Stadtteilmanagement wird es geben.

Und eines der Baufelder wurde an eine Baugruppe vergeben. Sie nennt sich "Treibhaus Donaufeld" und will gemeinsam mit dem baugruppenerfahrenen Bauträger Schwarzatal ein Wohnprojekt mit Food-Coop errichten, also einer Lebensmittelkooperative, die selbstorganisiert biologische Produkte direkt von lokalen landwirtschaftlichen Betrieben einkauft. "Dafür wäre es optimal, wenn möglichst viel von der lokalen Landwirtschaft erhalten werden kann", sagt Gernot Tscherteu vom Unternehmen Reality Lab, das die Baugruppe seit Beginn beratend begleitet. Ab Anfang 2021 will man das "Treibhaus" errichten.

"Grünzug doppelt absichern"

Dann weiß man vielleicht auch schon, welche Straßenbahnlinie durch das weitgehend autofreie Wohngebiet fahren wird. Bezirksrat Berger, der am Carminweg nördlich des Donaufelds wohnt, würde sich eine Verlängerung des 30ers wünschen, "von Stammersdorf über Floridsdorf durchs Donaufeld nach Kagran". Jedenfalls brauche es eine schnelle Verbindung zur U6 im Westen und zur U1 im Osten, egal welche.

Und noch etwas wäre aus seiner Sicht dringend nötig: Die "doppelte Absicherung" des Grünzugs, denn seiner Wahrnehmung zufolge kauften Wohnbauträger auch dort schon Liegenschaften, die als Grünland gewidmet sind. "Man sollte diese Flächen ins Floridsdorfer Landschaftsschutzgebiet einbeziehen", wünscht sich Berger – "sicher ist sicher". (Martin Putschögl, 26.6.2020)