Wirtschaftskammer-Präsident und Multifunktionär Harald Mahrer warnt in diesem Zusammenhang gerne vor dem Griff in die Mottenkiste, er ist jedenfalls strikt gegen eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit. Auch die Arbeitgeberseite hat bisher vor einer neuerlichen Belastung für die Unternehmen gewarnt. Dennoch wagt SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner jetzt einen neuen Vorstoß, sie präsentiert im Gespräch mit dem STANDARD ein Modell, das aus ihrer Sicht nicht nur die Zustimmung der Gewerkschaften, sondern auch die der Arbeitgeber finden sollte.

Derzeit wird ein neues Modell zur Verlängerung der Kurzarbeit über den September hinaus diskutiert, um möglichst viele Menschen in Beschäftigung zu halten. Die Einführung der Vier-Tage-Woche sollte zu einer Stärkung von Beschäftigung und der Unterstützung krisengebeutelter Unternehmen führen, argumentiert Rendi-Wagner. Die SPÖ-Chefin verweist auf die aktuelle OeNB-Prognose, wonach Österreichs Wirtschaft heuer um 7,2 Prozent schrumpfen werde. Derzeit sind fast eine halbe Million Menschen arbeitslos gemeldet. Viele Betriebe würden noch länger mit einem erheblichen Nachfrageausfall zu kämpfen haben. Die SPÖ schlägt daher ein Fördermodell zur Arbeitszeitverkürzung vor. Der Corona-bedingte Nachfrageeinbruch soll zur freiwilligen Einführung einer Vier-Tage-Woche genutzt werden, die vom Staat gefördert wird.

Pamela Rendi-Wagner setzt auf die Sozialpartner.
Foto: HANS PUNZ

Das rote Fördermodell für die Vier-Tage-Woche sieht vor, dass die Arbeitszeit des Betriebes dauerhaft um 20 Prozent verringert wird. Ein Drittel der Kosten wird vom Betrieb übernommen, ein Drittel der Kosten wird vom AMS übernommen. Die maximale Förderdauer beträgt drei Jahre. Nach Ablauf der maximalen Förderdauer entscheiden die Sozialpartner branchenspezifisch, wie die entfallene Förderung kompensiert wird, um auf die Produktivitätssteigerungen eingehen zu können.

Auch die Arbeitnehmer müssten ihren Beitrag leisten, sie verzichten in diesem Modell auf brutto 6,6 Prozent Gehalt (ein Drittel von 20 Prozent) bei 20 Prozent weniger Arbeitszeit. Kurz gesagt: Mitarbeiter, die sich für dieses Modell entscheiden, arbeiten 20 Prozent oder einen Tag die Woche weniger und verdienen netto 94,9 Prozent ihres ursprünglichen Gehalts. Gegenüber dem bisherigen Kurzarbeitsmodell käme das einer Lohnerhöhung gleich, sagt Rendi-Wagner.

Voraussetzung für dieses Modell müsse die Zustimmung beider Sozialpartnerseiten sein, es soll vom AMS abgewickelt werden und könnte auch zusätzlich zu den bestehenden Kurzarbeitsmodellen eingeführt werden.

Das Modell habe nicht nur für die die Arbeitnehmer Vorteile, sondern auch für die Unternehmen und den Staat. Für die Unternehmen sei es kostengünstig, Studien gehen von einer erheblichen Produktivitätssteigerung aus, dadurch würden die zusätzlichen Kosten für den Betrieb vollständig kompensiert. Die Kosten der öffentlichen Hand würden mit diesem Modell um mehr als die Hälfte kompensiert. Es gäbe weniger Arbeitslose und gestiegene Einnahmen aufgrund der zusätzlichen Beschäftigung. Die Rechnung der SPÖ: Würden eine Million Beschäftigte an einem solchen Fördermodell teilnehmen, würde das zu 100.000 zusätzlichen Beschäftigten führen. Die Nettokosten für die öffentliche Hand würden pro eine Million Teilnehmer bei 1,14 Milliarden Euro (Bruttokosten 2,64 Milliarden Euro) liegen und damit deutlich billiger als das derzeitige Kurzarbeitsmodell (geschätzte Kosten bei derzeit 832.455 Teilnehmern sechs Milliarden Euro) kommen.

Allzweckwaffe

Rendi-Wagner hält das Modell für eine Allzweckwaffe: Arbeitsplätze würden gesichert, Betriebe gestützt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert. "Das Modell ist eine moderne, zukunftsweisende Regelung, die mehr Flexibilität schafft – und zwar für die Unternehmen und die Arbeitnehmer." Die Gewerkschaft der Privatangestellten hat ein sehr ähnliches Modell vorgestellt, 80 Prozent arbeiten bei 90 Prozent Entgelt. Sie wird bei der SPÖ-Forderung wohl mitgehen. Mahrer wird wieder das Bild vom Griff in die Mottenkiste bemühen. (Michael Völker, 27.6.2020)