Strache sieht sich mit zahlreichen Vorwürfen konfrontiert

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Der Countdown zur Regierungsbildung lief: Am 25. Oktober 2017 führten die ÖVP unter dem damaligen Außenminister Sebastian Kurz und die FPÖ erstmals Koalitionsgespräche. Zwei Tage zuvor begann der damalige freiheitliche Parteichef offenbar, sich intensiv auf die Verhandlungen vorzubereiten. Auswertungen seines Smartphones zeigen, dass er auf die Wünsche langjähriger Bekannter eingehen wollte. So fragte er Walter Grubmüller, Betreiber der Privatklinik Währing, per Whatsapp: "Welches Gesetz wäre für dich wichtig?"

Bislang nicht bekannt war, dass Strache fast die wortgleiche Nachricht nur eine Minute zuvor an den Poker-Unternehmer Peter Zanoni versandte. Darauf stieß die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), als sie Straches Handy auswertete, im U-Ausschuss fragte die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli danach. Und genau wie bei Grubmüller urgierte der einstige Vizekanzler auch nach seinem Rücktritt wegen des Ibiza-Videos bei Parteikollegen für Zanoni.

"Ungerechtigkeiten"

Strache sagte, es gehe ihm darum, "Ungerechtigkeiten" zu beseitigen. Tatsächlich gibt es Parallellen zwischen Grubmüllers Privatklinik und Zanonis "Concord Card Casinos". Grubmüller wurde jahrelang nicht in den Prikraf-Fonds aufgenommen, weil sich andere Branchenvertreter dagegen wehrten – dem Vernehmen nach vor allem Premiqamed-Chef und Wirtschaftskammer-Funktionär Julian Hadschieff, dessen Unternehmen an die ÖVP gespendet hatte. Und Zanonis Pokercasinos operierten jahrelang auf rechtlich wackeligen Beinen, weil die Gesetzeslage zum Pokerspiel unklar war. So galt Poker laut Höchstgericht als Glücksspiel; es gab drei Lizenzen dafür, diese wurden nie vergeben.

Strache lobbyierte auch bei der Casinos AG (Casag) für Zanoni. Laut einer Einvernahme des damaligen Casinos-Vorstands Dietmar Hoscher fragte Strache ihn, "ob man Peter Zanoni helfen" könne. Das bestätigte auch Hoschers Vorstandskollege Alexander Labak. In der Branche wird sogar gemutmaßt, dass Strache hinter dem überraschenden Zurückziehen der Glücksspiel-Novelle im Frühjahr 2018 gesteckt sei – weil in dieser nicht auf Zanonis Bedürfnisse eingegangen wurde. Das bestreitet der ehemalige Vizekanzler. "Die Rückziehung der Glückspielnovelle erfolgte offensichtlich auf Grund fehlender Spiegelung mit dem Koalitionspartner und Herr Strache hat davon erst im Nachhinein erfahren", so dessen Anwalt. Der einstige Vizekanzler sieht im Kampf für mehr Gerechtigkeit für Zanoni einige Verbündete, nämlich "Universitätsprofessoren und die SPÖ Simmering".

Jachten und Geldrucksäcke

Strache traf Grubmüller und Zanoni vor den Nationalratswahl 2017 gemeinsam, nämlich auf Grubmüllers Jacht. Der Privatklinikbetreiber Grubmüller war früher ebenfalls im Glücksspiel tätig, unter anderem für die Novomatic. Auch nach dem Ibiza-Video trafen sich die drei wieder, sagte Zanoni in der Presse. Auf eine Anfrage des STANDARD reagierte der Pokerkönig, dessen Concord Card Casinos nach riesigen Steuerforderungen nun insolvent sind, nicht.

Mittlerweile sieht sich Strache, für den die Unschuldsvermutung gilt, mit einer ganzen Reihe von Vorwürfen konfrontiert. Am Wochenende berichtete Zackzack über Ergebnisse einer Telefonüberwachung, die nahelegen, dass Strache oftmals mit einem Rucksack voll Bargeld unterwegs war. In der FPÖ wurde offenbar vermutet, dass es sich um Geld aus der Ukraine handelt, das Oligarchen für den Kauf eines Mandats übergeben hatten. Der Ex-Vizekanzler sagte zu Zackzack, es handle sich um "bewusste Verleumdungen eines ehemaligen Sicherheitsmannes von mir, der offenbar seit Jahren mit dem kriminellen Ibiza-Netzwerk zusammenarbeitet." (Fabian Schmid, 28.6.2020)