Der einstige Gouverneur von Kalifornien Arnold Schwarzenegger beschrieb im legendären Dokumentarfilm “Pumping Iron“ noch weit vor seinen politischen und ökologischen Ambitionen, dass Krafttraining und das damit verbundene “Pumpen“ besser als Sex seien und er mehrere Orgasmen erleben würde. Derart geistreiche Kommentare hatte der nun ökophile Jetsetter in besagtem Meisterwerk mehrere auf Lager. Der Film bildet in bestimmter Form ein Psychogramm des ehrgeizigen und zielstrebigen Paradeamerikaners mit österreichischer Herkunft ab. Präsidenten und Unternehmer der Echtzeit schmücken sich gerne mit der steirischen Eiche. Doch jeder hat das Recht dazuzulernen. So ist Schwarzeneggers einstige Haltung zur Todesstrafe und der daraus entstandene Konflikt mit seiner Heimat bei der er zwischen die Fronten von amerikanischem Recht und europäischer Humanitätsauffassung geriet Vergangenheit.

waleed1453

Unbändiger Wille zur Macht

In ihrem Willen zur Macht und dem scheinbar grenzenlosen Ehrgeiz sind sich die beiden Alphamännchen Trump und Schwarzenegger nicht unähnlich. Der einzige Unterschied liegt darin, dass der Gouvernator seine Affinität zu den “soften“ Dingen des Lebens wie Klimaschutz und grüne Technologien vielleicht auch verursacht durch gesundheitliche Rückschläge in Zusammenhang mit seinem exzessiven Bodybuilding entdeckt hat, während “The Donald“ seiner Linie bis heute treu geblieben ist. So gesehen ist Trumps Werdegang bis zum heutigen Tag deutlich homogener und stringenter.

Politisches Posen und Pumpen

Ähnlich fanatisch und emotional aufgeladen wie einst Schwarzenegger seinem Körperkult und der Hollywood-Karriere nachging, geht der momentane Präsident der USA seinen Wahlkampf an. Seine Kraftquelle ist der Konflikt und die Konfrontation. Aus diesem psychodynamischen Prozess schöpft er seine politische Energie und lädt sich dadurch polit-emotional auf. Barack Obama stieg auf dieses Spiel, als er mit den Vorwürfen Trumps konfrontiert wurde, er habe keine US-amerikanische Geburtsurkunde, nicht ein und entzog ihm so die Reibungsfläche, die er so dringend benötigt, um zu existieren. Der Kampf ist sein Kapital. Findet dieser nicht statt, kann er nicht mit konstruktiven oder gar humanistischen Werten punkten. Daher sind sowohl die aktuelle Coronakrise in den USA sowie die sozialen Spannungen für ihn der ideale Nährboden um die Gesellschaft in zwei Lager zu spalten, nämlich jene der Trump-Gegner und jene der Trump-Befürworter. "All or nothing" also “alles oder nichts“, Sieg oder Niederlage, das ist seine Kernstrategie für die kommende Präsidentschaftswahl.

Für Trump heißt es "Alles oder nichts".
Foto: AP Photo/Alex Brandon

Kein Aufgeben, kein Rückzug

Diese Überlebensstrategie hat Trump früh von seinem ehemaligen Mentor und Anwalt Roy Cohn, der ebenfalls Mafia-Größen vertrat, gelernt. “Keine Fehler eingestehen und nichts zugeben“ wurde somit zu seinem Mantra und Erfolgsrezept am wirtschaftlichen Sektor sowie in der Politik. Das Paradoxe daran ist, dass diese Art des Verhaltens in einer zunehmend durch Massenmedien beeinflussten Welt aufgeht und durchaus erfolgversprechend ist, wie man an Fallbeispielen mit ähnlicher geistiger Kragenweite und klerikalem Unterbau in Europa beobachten kann. Seine mit Abstand größte Stärke ist die emotionale Unberechenbarkeit, die wiederum von seinen Gegnern als Schwäche diagnostiziert wird, ihn aber immun für festgefahrene Gegenstrategien macht. Vielleicht kommt es bei den US-Wahlen im November in Anlehnung an den Kultfilm “Pumping Iron“ zwar nicht zu einer intellektuellen Ejakulation, für einem erneuten knappen Wahlsieg Trumps basierend auf der zunehmenden Polarisierung in den USA könnte es aber durchaus wieder reichen. (Daniel Witzeling, 1.7.2020)

Weitere Beiträge des Bloggers