Der Teilchenbeschleuniger SuperKEKB (hier ein Blick auf den Beschleunigertunnel) erzeugt Elektron-Positron-Kollisionen, in denen kurzlebige B-Mesonen entstehen.

Foto: Wikimedia/KEK

Die Zerfälle der B-Mesonen werden mit dem Belle-II-Detektor aufgezeichnet.

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Der aktuell leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger steht wieder in Japan – zumindest in der Kategorie Luminosität: Der Beschleuniger am japanischen Forschungszentrum Kek hat bei der sogenannten Luminosität, also der Anzahl der Teilchenkollisionen pro Zeiteinheit und Fläche, einen Weltrekord erzielt – und schlägt damit in dieser Kategorie den Large Hadron Collider (LHC) der Europäischen Organisation für Kernforschung (Cern) in Genf.

Teilchenbeschleuniger haben zwei wesentliche Kenngrößen: die Strahlenergie und die Anzahl der Kollisionen pro Zeiteinheit. Während der Weltrekord für erstere unangefochten beim LHC liegt, wetteifern die beiden Beschleuniger um die höchste Luminosität.

Neuer Rekord

Am nordöstlich von Tokio gelegenen Teilchenforschungszentrum Kek wurde 2009 eine Luminosität von 2,11 mal 10^34 pro Quadratzentimeter und Sekunde erzielt. Neun Jahre später übertrumpfte der LHC diesen Wert mit 2,14 mal 10^34 knapp. Nachdem das japanische Experiment seit 2010 zum SuperKEKB-Collider umgebaut wurde, konnte dort nun eine Luminosität von 2,22 mal 10^34 pro Quadratzentimeter und Sekunde gemessen werden – der neue Weltrekord, wie die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mitteilte.

Im Teilchenbeschleuniger SuperKEKB stoßen Elektron und Positron mit hoher Energie zusammen. Die Teilchenstrahlen werden dabei am Kollisionspunkt in vertikaler Richtung auf eine Größe von nur 220 Nanometern zusammengedrückt, um höchste Luminosität zu erreichen. Bei den Zusammenstößen der Teilchen entstehen kurzlebige B-Mesonen. Wie sie zerfallen, wird mit dem Belle-II-Detektor aufgezeichnet.

An diesem Experiment sind rund 1.000 Physiker aus 26 Ländern beteiligt, darunter auch Forscher vom Institut für Hochenergiephysik (Hephy) der ÖAW. Die Wiener Gruppe hat den innersten Detektorteil von Belle II entwickelt und gebaut.

Rätselhafte Materie

Mit den SuperKEKB-Daten werden grundlegende physikalische Phänomene untersucht. "Mit dem neuen Detektor erhoffen wir uns Ergebnisse jenseits des bisher bekannten Standardmodells", sagte der Leiter der österreichischen Forschergruppe am Hephy, Christoph Schwanda, im Jahr 2019, als der neue Detektor in Vollbetrieb ging. Beispiele sind etwa neue Hinweise auf Unterschiede von Materie und Antimaterie sowie auf Dunkle Materie.

Am Cern wird ebenfalls weiter an einer Erhöhung der Luminosität gearbeitet. Zudem werden dort bereits Pläne für die Zukunft nach dem geplanten Ende des LHC um das Jahr 2040 geschmiedet: Der mögliche Nachfolger des derzeit weltgrößten Teilchenbeschleunigers könnte eine Länge von 100 Kilometern haben und Kollisionen mit siebenfacher Energie ermöglichen. Eine endgültige Entscheidung über den möglichen Bau eines solchen Mega-Ringbeschleunigers soll in den kommenden Jahren fallen. (red, APA, 29.6.2020)