Annegret Kramp-Karrenbauer will das Kommando Spezialkräfte gründlich von rechtsextremem Gedankengut säubern.

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Berlin – Nach rechtsextremen Umtrieben bei der deutschen Bundeswehr greift Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nun durch. Ein Teil der Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) wird nach übereinstimmenden Informationen mehrerer deutscher Medien in Teilen aufgelöst. Eine Kompanie werde vollständig stillgelegt, eine weitere erhalte Bewährung, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Zudem werde die Ausbildung gründlich verändert und die Kontrollen deutlich verschärft, heißt es. Kramp-Karrenbauer hatte angekündigt, den Zuständen in der Truppe "mit eisernem Besen" begegnen zu wollen.

Das KSK war zuletzt immer wieder wegen Skandalen rund um die rechtsextreme Gesinnung zahlreicher Mitglieder aufgefallen. Mitte Juni hatte sich laut einem "Spiegel"-Bericht ein Hauptmann der deutschen Bundeswehr-Eliteeinheit mit einem teils dramatischen Hilferuf direkt an Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer gewandt. In dem zwölfseitigen Schreiben beklagt er, dass innerhalb der Einheit rechtsextreme Tendenzen geduldet und vertuscht würden. Hinweise auf rechtsextreme Kameraden innerhalb des rund tausend Mann starken Eliteverbands würden "intern zwar wahrgenommen, aber aus unterschiedlicher Motivlage kollektiv ignoriert oder gar toleriert".

Ausbilder mit dem Code Y-88

Es habe sich ein nicht austrockenbarer Sumpf innerhalb des KSK entwickelt, dieser sei "tiefgreifender und struktureller, als derzeit im Ministerium bekannt sein dürfte". Die Führung des KSK sei mit der Aufklärung "offenbar überfordert". Der Offizier gehört demnach seit 2018 dem KSK an. Als Beispiel nennt er einen Ausbilder, der als Identifizierungscode "Y-88" benutze. Die Zahl gilt als Chiffre für den Hitlergruß. Erst 2019 sei der Ausbilder wegen seiner Nähe zur rechtsextremen Identitären Bewegung aus dem KSK entlassen worden.

Das KSK und seine rund 1.400 Mitglieder – deren Aufgabe etwa die Festnahme von Terroristen oder die Rettung von Deutschen aus Krisengebieten umfasst – waren immer wieder in den Fokus von Ermittlungen geraten. Alles begann im April 2017 mit einer Abschiedsparty für einen KSK-Kommandanten, bei der mit Schweineköpfen geworfen, Rechtsrock gespielt und der Hitlergruß gezeigt worden sein soll. Bei einem der Partygäste fand die sächsische Polizei in diesem Jahr ein Waffenversteck mit Munition und Sprengstoff.

"Gründlich aufklären, schnell handeln"

Die neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, hatte kurz darauf ebenfalls rechtsextreme Strukturen bei der Bundeswehr beklagt. "Es sind mehr als Einzelfälle", sagte Högl. "Es gibt auch Strukturen und Netzwerke in der Bundeswehr, die rechtsextrem sind, wo es rassistische Übergriffe gibt." Dies müsse "erstens gründlich aufgeklärt werden, und zweitens muss jetzt auch schnell gehandelt werden".

Der Präsident des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christoph Gramm, hatte ebenfalls gesagt, in seiner Behörde habe sich eine "Mauer des Schweigens" aufgebaut. An dieser sei die Suche nach Rechtsextremisten im Kommando abgeprallt. Dennoch stehen nach seinen Worten schon jetzt 20 Soldaten des KSK direkt im Verdacht, rechtsextremes Gedankengut zu vertreten. (red, 30.6.2020)