Seite dem Amtsantritt Xi Jinpings 2013 läuft Chinas Expansionskurs.

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"Wir stellen unser Licht unter den Scheffel und werden im Verborgenen stärker", formulierte Deng Xiaoping die Außenpolitik Chinas Anfang der Neunziger. Mit der sanften Art, mit der die Führung in Peking das Land zu alter Größe führen will, ist es aber spätestens seit dem Amtsantritt Xi Jinpings 2013 vorbei. "Der Wiederaufstieg Chinas zur Großmacht unter der Führung der Kommunistischen Partei (KP) ist ein Grundpfeiler der Propaganda", sagt Mikko Huotari vom Mercator-Institut für China-Studien in Berlin. Die Expansionsherde Chinas im Überblick.

  • Dass die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong zu China gehört, bestritt lange Zeit niemand – auch viele Hongkonger nicht. 1997, so war es vertraglich vereinbart worden, fiel Hongkong zurück an das Festland. Die Autonomie der Stadt sollte allerdings weitere 50 Jahre unter dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" gewahrt bleiben. Doch mit dem neuen Sicherheitsgesetz, das am Dienstag verabschiedet wurde und heute, Mittwoch, in Kraft tritt, bricht Peking offen mit der Vereinbarung.
  • Die Unabhängigkeit Taiwans hat Peking nie anerkannt. Das hat geschichtliche Gründe. 1949 flüchteten die Truppen des Guomindang-Chefs Chiang-Kaishek mit rund zwei Millionen Anhängern dorthin. Seitdem gilt Taiwan als abtrünnige Provinz, die Wiedervereinigung mit dem Festland nur als Frage der Zeit.
  • Mit Japan streitet sich China um eine unbewohnte Inselgruppe im Gelben Meer. Die Diaoyu- oder Senkaku-Inseln sind zwar ziemlich wertlos, taugen aber immer wieder dazu, nationalistische Wallungen aufleben zu lassen. Zuletzt geschah das 2012, als chinesische Konsumenten vorübergehend japanische Produkte boykottierten.
  • Um Inseln geht es auch im Südchinesischen Meer. Die Spratly- und Paracel-Inseln sowie das Scarborough-Riff werden von mehreren Staaten beansprucht: Taiwan, die Philippinen, Vietnam, China, Malaysia und sogar das Sultanat Brunei wollen einen Teil vom Kuchen. Denn in der Region werden Erdölvorkommen vermutet. Nur China aber schafft vollendete Tatsachen, indem es seit 2010 Flughäfen und militärische Einrichtungen auf den sonst unbewohnten Inseln errichtet.
  • Still baut Peking seinen Einfluss in Asien und Afrika aus. Mit der Neuen Seidenstraße schafft China neue Abhängigkeiten, auch innerhalb der EU. Peking finanziert In frastrukturprojekte wie Häfen, Zugstrecken, Flughäfen und Straßen. Die Aufträge dafür gehen fast ausschließlich an chinesische Firmen. Kann ein Staat den Kredit nicht zurückzahlen, nimmt Peking das Projekt als Sicherheit – wie im Fall eines geostrategisch bedeut samen Hafens in Sri Lanka.
  • Und schließlich nutzt Peking seine Macht als größter Absatzmarkt der Welt. Weil sich Australien einer US-Initiative anschloss, eine unabhängige Kommission nach Wuhan zu schicken, um die Anfangsphase der Pandemie aufzuklären, drohte Peking mit Boykott und Strafzöllen. Für Australien eine empfindliche Sache: Der Rohstoffexporteur ist massiv von Chinas Nachfrage abhängig. (Philipp Mattheis, 30.6.2020)