US-Präsident Trump soll über mögliches russisches Kopfgeld auf US-Soldaten in Afghanistan informiert worden sein.

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Washington – In der Affäre um ein mögliches russisches Kopfgeld auf US-Soldaten in Afghanistan hat die "New York Times" bekräftigt, dass Präsident Donald Trump über die Vorwürfe gegen Moskau unterrichtet worden sei.

Die Geheimdienstinformationen seien Ende Februar in einem täglichen schriftlichen Bericht für Trump enthalten gewesen, schrieb die Zeitung am Dienstag unter Berufung auf zwei Regierungsvertreter. Der Nachrichtensender CNN berichtete, das Dokument sei "im Frühling" angefertigt worden. Trump ist bekannt dafür, die täglich für ihn zusammengestellten Berichte zur nationalen Sicherheit und zur Außenpolitik häufig nicht zu lesen. Der Präsident wird allerdings auch regelmäßig mündlich unterrichtet.

Heftige Dementi

Die "New York Times" hatte am Freitag über US-Geheimdienstinformationen berichtet, wonach Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU Kämpfern der radikalislamischen Taliban und verbündeten Kriminellen Geld für tödliche Angriffe auf in Afghanistan stationierte US- und Nato-Soldaten gegeben haben sollen. Mehrere weitere Medien haben inzwischen über die Geheimdiensterkenntnisse berichtet. Wie die Zeitung am Dienstagabend schrieb, stützt sich der Geheimdienst dabei auf Aussagen von Verhafteten in Afghanistan, die nicht zu den Taliban gehören, bei denen aber nach Angriffen oder Angriffsversuchen viel gefunden worden sei.

Während die US-Regierung die Existenz dieser Informationen nicht bestreitet, bezeichnet sie die Erkenntnisse als nicht gesichert. Laut der "New York Times" vom Dienstag wurden sie vom US-Auslandsgeheimdienst CIA aber als so glaubwürdig eingestuft, dass sie Anfang Mai in einem weiteren Geheimbericht aufgeführt wurden.

Dementi und Drohungen aus Washington

Die US-Regierung und die Geheimdienste haben vehement bestritten, dass Trump über die Kopfgeldvorwürfe gegen Russland unterrichtet worden sei. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, sagte am Montag, weil es bei der Einschätzung der Geheimdienstinformationen "widersprüchliche Meinungen" innerhalb der Nachrichtendienste gegeben habe, sei Trump zunächst nicht informiert worden.

Auch aus dem Verteidigungsministerium kam in der Nacht auf Mittwoch ein Dementi.. "Ich möchte allen unseren Militärangehörigen versichern, dass das Ministerium alle potenziellen Bedrohungen gegen US-Militärpersonal sehr ernst nimmt", twitterte Verteidigungsminister Mark Esper am Dienstagabend (Ortszeit). Es gebe aber kein "unterstützendes Beweismaterial" zu Berichten. Außenminister Mike Pompeo warnte die Taliban indes vor Angriffen auf US-Soldaten. In einem Telefonat mit Taliban-Chefunterhändler Mullah Abdul Ghani Baradar machte er am Dienstag nach Angaben seines Ministeriums deutlich, dass er von den Islamisten eine Einhaltung ihrer Zusagen erwartet, die sie im Zuge einer Friedensvereinbarung jüngst gemacht hatten.

Demokraten fordern Aufklärung

Die oppositionellen US-Demokraten haben Aufklärung verlangt und wollen insbesondere wissen, ob Trump unterrichtet wurde – und wenn ja, wann. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sprach von einem "unerklärlichen Verhalten von Präsident Trump gegenüber Russland".

Kritiker werfen Trump regelmäßig eine zu nachgiebige Haltung gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor. Das ist insbesondere deswegen brisant, weil Moskau sich nach Erkenntnis der US-Behörden 2016 zugunsten Trumps in die US-Präsidentschaftswahlen eingemischt hatte. (APA, AFP, 30.6.2020)