Im Finish haben es die Bäcker und Fleischer noch geschafft. Am Dienstag ist die Senkung der Umsatzsteuer auf fünf Prozent für Gastronomie und Hotellerie im Nationalrat einstimmig beschlossen worden. Auch für die Kulturindustrie sinkt der Steuersatz, ebenso für Medien. Knapp vor Beschluss wurden die Bäcker, Konditoren und Fleischer in die Liste der Begünstigten aufgenommen. Mit Ausnahme der SPÖ waren alle für den Abänderungsantrag.

Die Senkung der Umsatzsteuer, die 900 Millionen Euro kosten soll, ist ein Eckpfeiler im türkis-grünen Paket zur Belebung der Wirtschaft: Bis zu 50 Milliarden Euro stehen bereit. So hatten das die Koalitionäre bei ihrer Klausur vor zwei Wochen vorgerechnet. Das sind 5.700 Euro pro Kopf. Zu diversen Steuersenkungen kommen etwa noch Investitionsprämien für Unternehmen dazu, oder das Kurzarbeitsgeld.

Eines haben alles Maßnahmen gemein: Keiner kann sagen, was sie bringen. Weder die Regierung hat Zahlen dazu vorgelegt, warum sie was macht. Noch haben bisher die großen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS eine Rechnung präsentiert.

Von der Regierung im Parlament eingebrachte Gesetze müssen eine Folgenabschätzung enthalten, also unter anderem eine ökonomische Analyse. Doch aktuell werden viele Maßnahmen wie die Senkung der Umsatzsteuer in Form von Initiativanträgen beschlossen. Diese Anträge werden von den Abgeordneten eingebracht. Dabei kann die Folgenabschätzung entfallen.

Das größte Rettungspaket der Nachkriegszeit ist also eine Black Box bisher.

Es wird eifrig gespart

Dabei wäre aktuell besonders interessant zu wissen, wie Annahmen aussehen können. Als Folge der Krise sparen Haushalte und Unternehmen derzeit extrem viel. Die Oesterreichische Nationalbank erwartet, dass im Schnitt heuer jeder Haushalt 13,4 Prozent seines Einkommens wegsparen wird. 2019 waren das noch um 60 Prozent weniger.

Einerseits, waren in den vergangenen Wochen viele Geschäfte geschlossen. Die Menschen konnten das Geld gar nicht ausgeben. Parallel macht sich Unsicherheit breit. Wer fürchten muss, den Job zu verlieren, wird kein Auto kaufen.

Wenn nun der Staat Steuern senkt, dieses Geld aber eins zu eins auf dem Konto landet, bringt das für die Wirtschaft nichts. Unter Umständen sparen die Bürger so lange, bis wieder höhere Steuern kommen. Nur wenn Bürger und Unternehmer konsumieren und investieren, schaffen sie Nachfrage und Jobs, also Wachstum.

Großer Preis für kleinen Erfolg?

Um zu beurteilen, wie Staatsausgaben wirken, errechnen Ökonomen den Multiplikator. Das ist ein Schlüssel dafür, um beurteilen zu können, ob Maßnahme X sinnvoll ist oder doch Y klüger wäre. Nur so lässt sich sagen, ob der Mix aus Investitionen und Steuersenkungen passt.

Dabei spielen neben dem Wirtschaftsklima viele Faktoren eine Rolle. Aus Erfahrungen weiß man, dass ärmere Haushalte mehr konsumieren: Hier wirken Steuererleichterungen stärker. Die Regierung wird einen Kinderbonus von 360 Euro per Gießkanne ausschütten – jedes Kind profitiert. Das mag familienpolitisch sinnvoll sein, aber ein großer Teil des Geldes wird deshalb am Sparkonto landen. Auch was mit dem Geld gekauft wird, ist relevant. Wenn nur importierte Autos und Laptops gekauft werden, hilft das heimischen Unternehmen wenig.

Die Bauwirtschaft soll ebenfalls belebt werden, zumindest soll die Gebäudesanierung durch finanzielle Anreize vorangetrieben werden.
Foto: APA / Jakob Gruber

Warum aber haben IHS und Wifo noch nichts berechnet? Beide Institute haben ihre Prognosen für 2020 und 2021 gerade vorgestellt. In den Berichten hieß es zwar, die Maßnahmen der Regierung seien berücksichtigt. Ein Multiplikator findet sich nicht. Es wurde grob geschätzt, wie die Regierungshilfen das Einkommen von Bürgern und Unternehmen erhöhen könnten und dann angenommen, dass ein Teil dieses Betrages in Konsum geht. Wifo wie IHS argumentieren, dass die Zeit zu knapp war.

Maues Ergebnis in Deutschland

In Deutschland ist man weiter: Das Münchner Ifo-Institut hat analysiert, was das Konjunkturpaket dort bringt fürs Wachstum. Ergebnis: wenig. 88 Milliarden Euro zusätzlich gibt die deutsche Regierung 2020 aus. Das facht die Wirtschaft um 30 Milliarden an – der Multiplikator liegt etwas über 0,3.

Die beschriebenen Kräfte, hohe Sparneigung, viele Importe, dämpfen die Wirkung. Das ifo sieht das Paket dennoch wegen der tiefen Krise als notwendig an. In Österreich heißt im Finanzministerium, man habe Wifo, IHS und Eco Austria vergangene Woche beauftragt, die Effekte der Hilfsmaßnahmen auszurechnen. Wann die Ergebnisse vorliegen werden, ist nicht bekannt. (András Szigetvari, 1.7.2020)