"Wenn österreichische Medien unter Druck internationaler Tech-Konzerne geraten, dann muss ich die heimischen Player stärken", erklärt Kanzler-Medienbeauftragter Fleischmann die geplante österreichische Digitalförderung.

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Medienförderung im Überblick.

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45 Millionen Euro extra: So viel zusätzliche Medienförderung sah und sieht die Regierung bisher vor, um die Folgen der Corona-Maßnahmen auf Österreichs Medien abzufedern. 40 bis 50 Millionen Euro würden vor allem Werbeausfälle die Medien kosten, hörte des Kanzlers Medienbeauftragter Gerald Fleischmann aus der Branche. Er arbeitet inzwischen an der Umsetzung der nächsten, schon vor Corona geplanten Subvention.

Eine Digitalförderung von zumindest 15, zum Start 18 Millionen Euro soll bis August zur Prüfung an die EU-Kommission gehen und um den Jahreswechsel ausgeschüttet werden, sagt Fleischmann im Gespräch mit dem STANDARD.

Die Förderung speist sich aus der Digitalwerbesteuer, die ÖVP, SPÖ, FPÖ und Neos noch im September 2019 beschlossen haben. Die USA haben vor wenigen Wochen ein Verfahren gegen die Werbeabgabe für Onlineriesen eingeleitet und drohten mit Strafzöllen. Frankreich hat seine Digitalsteuer deshalb ausgesetzt. Die Regierung rechnet mit 20 bis 25 Millionen aus der Steuer.

Reisekosten in digitale Welt

Wofür werden die 18 Millionen Euro ausgeschüttet und an wen? Printmedien und Rundfunkunternehmen können sie beantragen, heißt es im Kanzleramt. Für Projekte, die sie weiter in die digitale Medienwelt bringen und deren Kosten die Republik bis zur Hälfte übernehmen kann.

Das Feld ist recht weit abgesteckt. Gefördert werden laut Fleischmann Investitionen und Maßnahmen in sechs Bereichen:

  • Barrierefreiheit
  • Jugend, etwa Jugendschutz und Medienkompetenz
  • IT-Sicherheit
  • Inhalte, etwa Podcastprojekte oder Bewegtbildformate, ob nun News oder Unterhaltung
  • Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten und anderen Medienmitarbeitern, Rechercheprojekte
  • Infrastruktur, da soll es etwa um Redaktionssysteme oder andere redaktionelle Tools gehen.

Der Entwurf werde gerade mit dem Koalitionspartner "finalisiert", sagt Fleischmann. Noch im Sommer gehe er an die EU-Kommission zur Prüfung, ob die neue Förderung nicht den Wettbewerb verzerrt und mit den Beihilferegeln der EU vereinbar ist. Die Rundfunk- und Telekomregulierungsgesellschaft RTR arbeitet gerade an einer Studie über Bedingungen und Lage in diesem Medienmarkt. Bis Oktober hofft Fleischmann auf das Okay aus Brüssel. Ende 2020, Anfang 2021 sollten die ersten 18 Millionen ausgeschüttet werden.

Medienförderung im Überblick.
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Digitalförderung statt Vertrieb in Deutschland

In Deutschland wollen die Bundestagsfraktionen CDU und SPD diesen Donnerstag eine digitale Transformationsförderung für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage beschließen. 2020 sollen noch 20 Millionen Euro ausgeschüttet werden, insgesamt soll die Förderung für die nächsten Jahre 220 Millionen Euro umfassen.

Eine ursprünglich in Deutschland geplante Förderung des Zeitungsvertriebs mit 40 Millionen sei damit vom Tisch, berichten deutsche Medien.

Netflix, Amazon besteuern

"Wenn österreichische Medien unter Druck internationaler Tech-Konzerne geraten, dann muss ich die heimischen Player stärken", erklärt Fleischmann die geplante österreichische Digitalförderung.

Das Prinzip verfolge auch die nächste im Regierungsprogramm vereinbarte Förderung: Für 2021 kündigt Fleischmann den "Medienfonds" an. Streamingdienste sollen verpflichtet werden, 20 Prozent ihrer Umsätze in Österreich für europäische und österreichische Produktionen aufzuwenden. Ein Anteil davon soll in den neuen Medienfonds fließen, der wiederum Videoproduktionen österreichischer Medienunternehmen subventionieren soll – in diesem Fall Serien, Filme, aber keine News.

Vorbild für diese Förderung ist Frankreich, dort werden die 20 Prozent je zur Hälfte für europäische und französische Produktionen gewidmet. Das französische Modell liegt gerade zur Prüfung bei der EU-Kommission. Nach dem Prüfergebnis will auch Österreich seinen Medienfonds gestalten.

Wie viel Geld kann da hereinkommen von Netflix, Amazon, Disney+ und Co? Fleischmann will das erwartete Fondsvolumen nicht beziffern. Im Kanzleramt soll man aber etwa Amazon Prime inklusive Video auf mehr als 100 Millionen Euro taxieren, Netflix auf rund 70 Millionen pro Jahr. 20 Prozent wären dann hier mehr als 20 Millionen, da rund 14.

Kleine ORF-Novelle

Auf digitale Themen dürfte sich auch die ORF-Novelle beschränken, an der das Kanzleramt derzeit arbeitet. Da geht es um Beschränkungen im ORF-Gesetz, die einer ORF-Streamingplattform im Weg stehen. Der ORF will Formate fürs Web produzieren oder dort zuerst zeigen können, befreit von der Beschränkung auf sieben Tage Abruf. Aber es geht Fleischmann sehr wesentlich auch um private österreichische Medien. "Partizipation" und "Teilhabe" fallen in dem Zusammenhang häufig. Aber präzisieren will Fleischmann nicht, was er damit meint: "Sie werden verstehen, dass ich meinen Gesprächspartnern nichts über die Medien ausrichten möchte."

Die Wünsche privater Medienunternehmen und -unternehmer reichen von gemeinsamem Login auf Medienplattformen über eine Aufteilung von Online-Werbeerlösen, die Private bevorzugt, bis zum möglichst kostengünstigen Zugriff auf ORF-Programme.

Die ORF-Novelle soll sich auf ein austariertes "Digitalpaket" (ORF-Chef Alexander Wrabetz) beschränken. "Mehr steht nicht im Regierungsprogramm", sagt Fleischmann. Was darüber hinausgeht, müssten Kanzler und Vizekanzler vereinbaren. (fid, 2.7.2020)