Botschafter Ceyhun will sich mit seiner Äußerung, wonach Christen egoistisch seien und nichts verschenken würden, nur auf Weihnachten bezogen haben.

Foto: Standard

Wien – Aussagen des türkischen Botschafters Ozan Ceyhun über Christen verstoßen zwar nicht gegen das Islamgesetz – sie stellen sich aber gegen Integrationsbemühungen Österreichs und sind "gesellschaftspolitisch spaltend". Zu diesem Schluss kommt das Kultusamt, das von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) mit der Prüfung einer Veranstaltung im Vormonat beauftragt wurde.

In einem damals dem "Volksblatt" zugespielten Video soll Ceyhun zu hören sein, wie er in den Räumlichkeiten eines türkischen Vereins neben diversen Lobpreisungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und der Muslimbrüderschaft sagt: "Die (Christen, Anm.) gehen in egoistischer Manier, ziehen sich in ihre vier Wände zurück und verteilen keine Geschenke, wie wir das tun." Zunächst bestritt der Diplomat, die Aussagen so getätigt zu haben, später erklärte er, er habe sich lediglich auf Weihnachten in der heutigen Konsumgesellschaft bezogen und keine Aussage über Anhänger eines bestimmten Glaubens getroffen.

"Vereine prüfen und neu bewerten"

Nichtsdestotrotz beauftragte die Ministerin das Kultusamt mit der Prüfung der Veranstaltung. Das konstatiert in seinem von Raabs Büro in Auszügen verbreiteten Bericht: "Aus integrationspolitischer Sicht haben die Aussagen des türkischen Botschafters eine negative Wirkung". Seine Aussagen unterlägen aber nicht dem Islamgesetz, demnach liege auch kein Verstoß dagegen vor. In dem Bericht wird laut dem Büro Raabs weiter empfohlen, "Vereine mit einem Naheverhältnis zum politischen Islam in Österreich eingängiger zu beobachten und zu bewerten". Diese hatten jüngst wieder von sich reden gemacht, als Anhänger der rechtsextremen Grauen Wölfe, die der türkischen Partei MHP nahestehen, in Wien-Favoriten Gewalt gegen eine Demonstration von Kurden und Linken eingesetzt hatten. Die MHP ist Koalitionspartner der Erdoğan-Partei AKP.

Die Schlussfolgerung der Ministerin: "Es kann nicht sein, dass Akteure des politischen Islams in Österreich tun und lassen können, was sie wollen, ohne dass dem österreichischen Staat ausreichend Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen." Der untersuchte Fall und die Ereignisse der letzten Tage zeigen für Raab, "wie weit die Hände des politischen Islam nach Österreich reichen". Deshalb sei die Einrichtung einer unabhängigen Dokumentationsstelle für den Politischen Islam mehr denn je notwendig. "Diese Stelle wird Vereinskonstruktionen an der Schwelle zum Politischen Islam wissenschaftlich durchleuchten und nimmt bereits im Sommer ihre Arbeit auf." (APA, red, 1.7.2020)