Franz Tost an seinem Arbeitsplatz.

Foto: Casio

Sitzen für Alpha Tauri im Cockpit: Daniil Kwjat und Pierre Gasly.

Foto: Casio

Der Bolide, mit dem das Team heuer im "vorderen Mittelfeld" (Tost) mitfahren möchte.

Foto: Casio

Die Lieblingsuhr von Franz Tost: Casio Edifice EQB-1000 D. Eine Connected Watch, die dem Weltenbummler alles bietet, was er braucht. Nähere Infos unter: de.casio-shop.eu

Foto: Casio

Franz Tost hatte immer ein großes Vorbild: Jochen Rindt. Um seinem Idol nachzueifern, fuhr er selber Rennen. Er startete in der Formel Ford. 1983 wurde er dort österreichischer Meister. Doch er spürte, dass es nicht zu einem Spitzenfahrer reichen würde. Daher stieg er aus dem Cockpit aus und machte seinen Abschluss zum Sportmanager an der Universität Innsbruck. Nach diversen Stationen im Rennsportzirkus wurde der gebürtige Tiroler, Baujahr 1956, 2005 zum Teamchef der neu gegründeten Scuderia Toro Rosso ernannt, die aus dem Minardi-Rennstall hervorgegangen war. Aus Toro Rosso wurde heuer Scuderia Alpha Tauri. Tost gilt als Vielarbeiter – sein Arbeitstag beginnt um fünf Uhr früh –, Gerade-heraus-Mensch und besonnen.

Wir haben mit ihm vor dem Corona-bedingt verspäteten Saisonauftakt in Spielberg kommendes Wochenende via Zoom geplaudert.

STANDARD: Sie haben um eine Flasche Wein gewettet, dass der Grand Prix in Spielberg stattfinden wird. So wie es aussieht, haben Sie die Wette gewonnen. Haben Sie die Flasche schon geköpft?

Tost: So schnell geht's nicht: Zuerst müssen wir einmal fahren.

STANDARD: Welcher Wein wird's werden?

Tost: Ein guter italienischer Rotwein, ein Sangiovese.

STANDARD: Wie haben Sie den Lockdown erlebt?

Tost: Mir wurde jedenfalls nicht fad. Es gab jeden Tag Videokonferenzen, manchmal vier täglich. Vor allem mit der FIA und der FOM (Formula One Management, Anm.), weil das genau die Zeit war, wo wir über neue Reglements reden mussten. Gott sei Dank konnten wir uns relativ rasch einigen, denn wie man sich vorstellen kann, gab es zu diesem Thema unterschiedlichste Meinungen.

STANDARD: Was war der wichtigste Punkt?

Tost: Wir haben einen Kompromiss in Bezug auf der sogenannte Cost Cap gefunden. Eine Diskussion, die es schon seit Jahren gibt. Es soll eine Budgetobergrenze von 145 Millionen US-Dollar für 2021 geben. So viel und nicht mehr darf jedes Team ausgeben. Danach soll das Budget noch weiter sinken. Wir haben uns auch darüber verständigt, dass seitens der Motorenhersteller die Kosten gesenkt werden müssen. Wir werden daher nächstes Jahr faktisch denselben Motor haben. Vor allem um die Kosten, gerade was die Power Unit betrifft, im Rahmen zu halten. Hinzu kamen noch Dinge wie das sportliche und technologische Reglement. Es war also immer etwas zu tun.

STANDARD: Das klingt nach jeder Menge Bürokratie.

Tost: Das ist es auch. All die Protokolle zu lesen nimmt viel Zeit in Anspruch. Außerdem habe ich natürlich mit dem Team Kontakt gehalten.

STANDARD: Wie hat sich das Team vorbereitet, gab es Trainings?

Tost: Nein, es gab keine Trainings, wir durften nicht zusammenkommen. Ich habe dem Teammanager gesagt, dass er mit seinen Mechanikern in Kontakt bleiben muss, damit diese fit bleiben für die Pitstops, die physisch sehr anstrengend sind. Sonst gab es eigentlich nur Wartungsarbeiten an der Maschine. Die waren ursprünglich für August angesetzt, wir haben sie kurzerhand vorverlegt.

STANDARD: Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Toro Rosso, jetzt Alpha Tauri, in der Mitte der Saison gute Leistungen erbracht hat. So gesehen müsste Ihnen der Start mitten in der Saison gut zupasskommen.

Tost: Es ist schwer, das zum jetzigen Zeitpunkt einzuschätzen. Wir haben uns jedenfalls schon im Winter gut vorbereitet, auch neue Leute geholt … alles andere werden wir sehen. Wie gesagt: Das vordere Mittelfeld ist unser Ziel. Technologisch hat uns die Zwangspause Zeit gekostet. Die Feinabstimmung der Rennwagen können wir also erst jetzt vornehmen, weil wir noch zu wenig über das Fahrverhalten des Fahrzeugs wissen.

STANDARD: Der Formel 1 wird häufig Überreglementierung vorgeworfen. Die Rennen seien langweilig geworden. Wie sehen Sie das?

Tost: Der Spaßfaktor und der Unterhaltungswert hängen davon ab, dass wir gute Rennen liefern. Es macht aber bestimmt keinen Spaß, wenn sich nur zwei Wagen ein Match liefern und erst zwanzig Sekunden später der Nächste daherkommt – und weit abgeschlagen kommt dann der Rest. Das geht nicht. Das ist auch der Grund, warum es Reglements gibt. Man will mit deren Hilfe die technische Weiterentwicklung etwas einschränken, damit die Wettbewerbsfähigkeit aller Teams ausgeglichener ist. Das soll die Abstände verringern, damit es wieder spannend wird. Es sollen wieder Hundertstelsekunden darüber entscheiden, wer das Rennen macht. Hier kommt die Budgetbeschränkung zum Tragen. Jetzt muss sich jeder Rennstall sein Geld gut einteilen und kann nicht mehr schalten und walten, wie er möchte und Unsummen in Forschung und Entwicklung stecken. Deshalb ist dieser Cap ein richtiger Schritt.

STANDARD: Wann wird sich das auswirken?

Tost: Ich erwarte mir, dass sich die Teams 2022/23 wieder einander annähern werden, weil erst nächstes Jahr der Cost Cap schlagend wird. Was die Zuschauer sehen wollen, sind Zweikämpfe, Überholmanöver, und sie wollen auch Unfälle sehen – aber keine Verletzten. Die Leute wollen wieder Action haben. Was sie nicht sehen wollen, sind ein Auto oder zwei, die einsam und allein weit vor dem Feld ihre Runden drehen. Das interessiert niemanden mehr.

STANDARD: Sind die Fahrer selbst auch langweiliger geworden im Vergleich zu den Haudegen von früher?

Tost: Der Motorsport hat sich, wie jede andere Motorsportart auch, weiterentwickelt. Es hat in den letzten Jahren sehr viele technische Innovationen gegeben. Auf der Fahrerseite hat sich ebenfalls viel getan. Die angehenden Rennfahrer verbringen schon ihre halbe Kindheit und Jugend im Kart. Die jungen Männer, die etwa aus der Formel 2 in die Formel 1 kommen, sind heute schon auf einem weit höheren Niveau als jene vor 20 Jahren. Früher kannten wir so etwas wie einen Fitnessraum gar nicht. Ich wusste ja nicht einmal, wie man das Wort schreibt. Wenn es früher einen Fahrer in einer der letzten Runden gedreht hat, war das, weil er körperlich einfach nicht mehr konnte. Das hat nur keiner zugegeben. Der ist ausgestiegen und hat zwei Gitanes geraucht. So war das damals. Die Fahrer heute sind dagegen richtige Athleten – mit abgestimmten Trainings- und Ernährungsplänen. Früher hat man einfach gegessen, worauf man Lust hatte.

STANDARD: Wann werden wieder Rennen vor Livepublikum stattfinden?

Tost: Das ist keine Entscheidung, die die Formel 1 treffen kann. Ich persönlich hoffe, dass es im Herbst vorbei ist mit den Geisterrennen. Aber solange es keine brauchbaren Medikamente oder einen Impfstoff gegen Covid-19 gibt, bin ich skeptisch. Wir treffen jedenfalls alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen – von der Desinfektion über Masken bis hin zu Tests. So musste jeder aus dem Team bereits einen Bluttest machen. Alle, die nach Spielberg kommen, mussten auch einen PCR-Test machen.

STANDARD: Können Sie E-Sport etwas abgewinnen?

Tost: Ja, insofern, dass sich ein Fahrer so schon einmal gut auf eine Strecke vorbereiten kann. Alpha Tauri ist auch in diesem Bereich vertreten und gut unterwegs. Es ist ein Teil der Zukunft des Motorsports, der auch junge Leute anspricht und so hoffentlich an die echten Rennen heranführt.

STANDARD: Sie gelten als ein besonnener Mensch. Gibt es etwas, das Sie aufregt?

Tost: Erfolglosigkeit, Disziplinlosigkeit, Unzuverlässigkeit: Das regt mich auf.

STANDARD: Wer wird Weltmeister?

Tost: Ich hoffe sehr, dass es Max Verstappen wird. Denn bei Red Bull Racing sollte alles passen: Honda hat große Fortschritte beim Motor gemacht. Damit kann man Mercedes schon die Stirn bieten. Für die gesamte Formel 1 wäre es wünschenswert, wenn wieder mal ein anderer Pilot auf dem Siegerpodest steht.

STANDARD: Haben Sie eine Lieblingsuhr?

Tost: Eine Casio Edifice. Wichtig für mich: Zeit, Datum, zweite Zeitzone, die sich automatisch auf die Lokalzeit einstellt. Diese Uhr vereint das alles.

STANDARD: Und weil Casio Partner von Alpha Tauri ist …

Tost: Es passt auf jeden Fall zu unserer "japanischen Achse", schließlich fahren wir mit japanischer Motortechnologie von Honda. (Markus Böhm, 4.7.2020)