München – Nach jahrelangem Rechtsstreit sind zwei Patente auf gentechnisch veränderte Menschenaffen nicht mehr gültig. Ein Bündnis von Tier- und Umweltschutzorganisationen hatte gegen die Patente eines US-Unternehmens gekämpft, schließlich mit Erfolg: Die Technische Beschwerdekammer als gerichtliche Instanz des Europäischen Patentamts (EPA) hat die Ansprüche auf Schimpansen und andere Tiere nun als nicht patentfähig beurteilt.

Die beiden Patente (EP1456346 und EP1572862) bezogen sich auf Affen, in deren Erbgut DNA-Stücke von Insekten geschleust wurden. Solche Affen könnten etwa bei der Entwicklung von Krebstherapien genutzt werden. Die Patente beanspruchten auch Mäuse, Ratten, Katzen, Hunde, Rinder, Schweine, Pferde und Schafe als Erfindung.

Die Beschwerdekammer verwies für ihre Entscheidung auf eine Regel, nach der Patente auf die genetische Veränderung von Tieren verboten sind, wenn daraus "Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier" resultieren können. Erstmals seien damit Ansprüche auf gentechnisch veränderte Versuchstiere aus ethischen Überlegungen gänzlich zurückgenommen worden, zeigte sich das Bündnis der Tierschützer zufrieden.

Reaktionen

Auch die berühmte britische Verhaltensforscherin Jane Goodall, die ihr Leben dem Studium und dem Schutz von Schimpansen gewidmet hat, hatte sich in der Sache engagiert. Die Streichung der Patentansprüche sei ein klares Signal an alle Wissenschafter, "die zum Leiden fähige Tiere nur als ein Werkzeug der Forschung sehen", sagte sie. Und erinnerte einmal mehr daran, wie nahe uns die Menschenaffen stehen: "Schimpansen sind unsere nächsten Verwandten, die 98,6 Prozent der Zusammensetzung unseres Erbgutes mit uns teilen."

"Es hat fast 30 Jahre gedauert, bis das EPA an diesen Punkt gelangt ist und zum ersten Mal die Patentierung von gentechnisch veränderten Tieren stark einschränken will", sagte Ruth Tippe von der Initiative Kein Patent auf Leben. "Wir fordern nach wie vor ein generelles Verbot von Patenten auf Tiere aus ethischen Gründen."

Mit der neuen Linie sollten zumindest Patente auf landwirtschaftlich genutzte Tiere wie Kühe und Schweine Vergangenheit sein, "da hier keinerlei medizinischer Nutzen zu erwarten ist", sagte Gudula Madsen vom Gen-ethischen Netzwerk. Zwar wurden laut Christoph Then von der Organisation Testbiotech einige Patente etwa auf Kühe mit hoher Milchleistung erteilt, jedoch standen diese nie in Ställen hiesiger Bauern – Verbraucher lehnen Gentechnik hierzulande weitgehend ab.

Hintergrund

Das weltweit erste Patent auf Leben war 1980 in den USA erteilt worden, auf ölfressende Bakterien. Nach jahrelangem Streit entschied der Supreme Court, es tangiere das Patentrecht nicht, dass es sich um Lebewesen handle. Als erstes Tier wurde in Europa dann vor fast 30 Jahren die Harvard-Krebsmaus patentiert. Sie erkrankte wegen eines veränderten Gens an Krebs und sollte der Forschung dienen.

Der anfängliche Run auf Patente auf Lebewesen hat sich allerdings wieder etwas gelegt – möglicherweise auch wegen hoher Patentgebühren. Außerdem entsprechen diese eigens gezüchteten Lebewesen nicht unbedingt der Komplexität der Probleme, die man mit ihnen gerne lösen würde: Die Krebsmaus etwa hatte nur ein Krebsgen – allein bei Brustkrebs können aber dutzende Gene eine Rolle spielen. Die Bedeutung der Maus für die medizinische Forschung blieb gering. Als das EPA im Juli 2004 das Patent endgültig bestätigte, war der Patentschutz schon erloschen.

Patente und Experimente

Die Gegner sehen den von der Beschwerdekammer gewiesenen Weg nun auch für andere Fälle bindend. Denn noch immer gibt es weitere Tierpatente – auch auf Affen. 2010 war etwa ein Patent auf Affen mit Epilepsie vergeben worden (EP1852505). Testbiotech kämpft laut Then gerade gegen ein Patent der Max-Planck-Gesellschaft, in dem Versuchstiere bis hin zu Primaten beansprucht werden (EP2328918).

Doch selbst wenn derartige Patente fallen – für Versuchstiere ändert sich zunächst nichts. Denn die genetischen Manipulationen und die Forschung mit diesen Tieren bleiben davon unberührt. (APA/red, 2.7.2020)