Auch wenn Frühling und Sommerbeginn heuer eher an die kühle Vergangenheit erinnert haben – der Gesamttrend geht in die andere Richtung.
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"Wann wird's mal wieder richtig Sommer?" sang Rudi Carrell in den kühlen und luftverschmutzten 1970er-Jahren. Ein aktueller Remix müsste dafür eher das Wort "Winter" einsetzen, denn an "Sonnenschein von Juni bis September" mangelt es schon lange nicht mehr. Doch hat sich nicht nur die warme Jahreszeit ausgeweitet, sie ist auch in ihrem Kernbereich, dem eigentlichen kalendarischen Sommer, spürbar heißer geworden.

Meteorologen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz rechnen vor, dass die Sommer im deutschsprachigen Raum deutlich heißer geworden sind – ein Trend, der für alle Regionen und alle Höhenlagen gilt. Experten der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), des Deutschen Wetterdiensts (DWD) und des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) lesen aus ihren Aufzeichnungen eine massive Temeraturzunahme seit den 1990er-Jahren ab.

Im Verhältnis betrachtet

Dabei falle besonders der Umstand auf, dass sich eine neue Normalität eingestellt hat: Die Temperatur der extremsten Sommer vor dem Jahr 1990 ist in den vergangenen 30 Jahren zum sommerlichen Durchschnitt geworden. Selbst die kühlsten Sommer der vergangenen 25 Jahre blieben meist deutlich über dem langjährigen Durchschnitt vor 1990, berichtet die ZAMG. In Österreich war beispielsweise der Sommer 2014 ein für das aktuelle Klima durchschnittlicher Sommer. Vor 1990 wäre er einer der 15 wärmsten Sommer der Messgeschichte gewesen.

Die jüngste Vergangenheit brachte in Österreich, Deutschland und der Schweiz fast durchwegs Sommer im Rekordbereich. Die drei heißesten Sommer der Messgeschichte waren alle in den 2000er-Jahren: In der Schweiz und in Österreich sind das die Sommer 2003, 2015, 2019, in Deutschland die Sommer 2003, 2018 und 2019. Für die Gesundheit besonders relevant sind die immer häufigeren und längeren Hitzewellen sowie die immer geringere Abkühlung in den Nächten.

Erwartbare Prognose

Diese Entwicklung setzt sich der ZAMG zufolge mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahrzehnten fort. Bei weltweit unverändertem Ausstoß von Treibhausgasen werden Sommer, die heute für uns extrem heiß sind, Ende des Jahrhunderts der Normalfall sein. Die "Ausreißer" einzelner Hitzesommer werden dann noch extremer sein als heute.

"Deutschland, die Schweiz und Österreich stehen im Bereich Klimawandel vor ähnlichen Herausforderungen, daher arbeiten der Deutsche Wetterdienst, MeteoSchweiz und die Zentralanstalt für Meteorologie in vielen Bereichen eng zusammen", sagte ZAMG-Direktor Michael Staudinger. In den Sommern seien vor allem die zunehmende Hitzebelastung, Dürre, Starkregen und Waldbrandgefahr ein Thema sowie die Gletscherschmelze und das Tauen des Permafrosts in den Alpen. "Die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels können wir nur effektiv bekämpfen, wenn wir über die Grenzen von Staaten und Fachgebieten hinweg zusammenarbeiten", so Staudinger. (red, APA, 2. 7. 2020)