Kräne dominierten in manchen Teilen Wiens in den letzten Jahren das Stadtbild – das dürfte sich wieder etwas einbremsen.

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Corona traf den Wohnungsmarkt hart – zumindest vorübergehend. Besichtigungen waren knapp zwei Monate lang nicht möglich, viele Wohnungssuchende legten ihre Pläne vorübergehend auf Eis. Beim Immobiliendienstleister EHL Immobilien kam es vorübergehend zu einem Rückgang der Anfragen um rund 70 Prozent. "Das hat dazu geführt, dass in der gesamten Branche alternative Vermarktungsformen an Bedeutung gewonnen haben", berichtete EHL-Wohnimmobilienexpertin Sandra Bauernfeind bei einem Pressegespräch. So wurden virtuelle Immobilienrundgänge und Video-Besichtigungen, bei denen nur der Makler oder die Maklerin vor Ort waren, angeboten.

Mit Ostern und der Ankündigung schrittweiser Lockerungen sei es auch mit der Nachfrage am Wohnungsmarkt wieder bergauf gegangen. Mittlerweile seien besonders Eigentumswohnungen wieder sehr gefragt, da sei man fast wieder bei business as usual angelangt.

Dass sich die Corona-Krise langfristig auf die Präferenzen Wohnungssuchender auswirken wird, glaubt Bauernfeind nicht. Mit einer einzigen Ausnahme: Freiflächen – Balkone, Terrassen sowie kleine Gärten – seien seit der Krise begehrter denn je. Größere Wohnungen hingegen, in denen theoretisch mehr Platz fürs Homeoffice wäre, würden aktuell nicht verstärkt nachgefragt: "Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten suchen sich die wenigsten Menschen eine größere Wohnung", so Bauernfeind.

Generell ist 2020 ein sehr gutes Jahr für Menschen auf Wohnungssuche: Mit 19.000 Wohnungen werden heuer so viele Einheiten fertig wie nie zuvor. Bei der überwiegenden Mehrheit davon handelt es sich aber um Mietwohnungen.

Eingestellte Baustellen

Der Grund: Institutionelle Investoren haben in den letzten Jahren vermehrt ganze Wohnprojekte im Rahmen sogenannter "Forward Deals" erworben, die nun in die Vermietung gelangen. Besonders viele Fertigstellungen gibt es in den zwei Wiener Bezirken Donaustadt und Floridsdorf.

Corona-bedingt wurden viele Baustellen vorübergehend eingestellt. Die dadurch entstandenen Verzögerungen seien mittlerweile aber weitgehend wieder aufgeholt, hieß es beim Pressegespräch. Allerdings dürfte sich die Krise auf die Bautätigkeit der kommenden Jahre auswirken: Durch den Lockdwon sei ein Rückstau bei der Bearbeitung von Widmungsansuchen und Ansuchen um Baubewilligungen entstanden.

Klar war aber auch schon vor Corona: 2022 und 2023 wird es weniger Fertigstellungen geben – nach heutigem Stand mit etwa 10.000 Wohnungen nur etwas mehr als halb so viele wie heuer. Mit dem Resultat, dass sich zuletzt davongaloppierte Bau- und Grundstückspreise wieder einbremsen könnten, so Bauernfeind. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation rechnet sie für heuer mit Steigerungen bei Kaufpreisen, nicht aber bei Mieten, die sich "auf hohem Niveau" einpendeln dürften.

Keine Airbnb-Wohnungen

Dass nun besonders viele kompakte Wohnungen, die vor Corona auf Airbnb vermietet wurden, auf den regulären Mietmarkt kommen könnten, weil die Urlauber ausbleiben, wie die Immobilienplattform ImmoScout24 vor kurzem per Aussendung verkündete, sieht Bauernfeind derzeit noch nicht. Viele Eigentümer würden noch abwarten, ob der Tourismus wieder anspringt. Notverkäufe aufgrund von gescheiterten Finanzierungen gebe es in dem Segment keine.

Ob die derzeitige Erholung für den Immobilienmarkt nachhaltig ist, hängt davon ab, ob es eine zweite Welle gibt. Virtuelle Besichtigungen und Rundgänge werden Wohnungssuchenden in jedem Fall erhalten bleiben – und zwar, wie Eigentumswohnungsexpertin Karina Schunker von EHL betonte, als Ergänzung und nicht als Ersatz für die analoge Besichtigung. So ließe sich von zu Hause aus eine bessere Vorauswahl treffen. "Das wird eine effizientere Art der Wohnungssuche", kündigte Bauernfeind an. (Franziska Zoidl, 4.7.2020)