Ein Bild vom Schauplatz des Polizeieinsatzes.

APA/BARBARA GINDL

Salzburg – Auch eine Woche nach der Schießerei bei einem Polizeieinsatz in der Stadt Salzburg konnte der 36-jährige Beschuldigte noch nicht von den Ermittlern befragt werden. Er befindet sich nach einer Notoperation weiter im künstlichen Tiefschlaf, sein Zustand gilt jedoch als stabil. Inzwischen warten die Ermittler auf das Ergebnis der ballistischen Untersuchungen und der Auswertung der Spuren am Tatort.

Genauer Ablauf noch unklar

Die mit den Ermittlungen befassten Polizisten aus Vorarlberg haben ihre Untersuchungen in Salzburg bereits abgeschlossen. Sie werden immer dann gerufen, wenn Salzburger Beamte von ihren Dienstwaffen Gebrauch machen. Die Ermittler aus dem Ländle haben die am Einsatz beteiligten Polizisten und Zeugen vernommen und den Vorfall nachgestellt. Sie müssen nun klären, wie sich die Tat und die Schussabgabe tatsächlich abspielten.

Dabei geht es auch um die Frage, warum und wie der 36-Jährige dem Polizisten die Dienstwaffe entreißen konnte und wer tatsächlich wie oft auf wen geschossen hat. "Wie lange es dauert, bis das ballistische Gutachten vorliegt, kann ich noch nicht sagen", sagte Polizeisprecher Hans Wolfgruber am Donnerstag zur APA. "Beide Dienstwaffen sind baugleich und haben die gleiche Munition. Das könnte die Untersuchungen mitunter erschweren." Überdies sei ohne die Einvernahme des Beschuldigten eine seriöse Aufklärung des Vorfalls schwer möglich.

Funkgerät als Retter

Laut bisherigen Erhebungen soll der 36-Jährige am frühen Morgen des 25. Juni einem Polizisten im Zuge einer körperlichen Auseinandersetzung die Dienstwaffe entrissen und zweimal auf ihn geschossen haben. Der 28-jährige Beamte dürfte dabei großes Glück gehabt haben. Er erlitt zwar eine Schusswunde am Arm, eine weitere Kugel blieb aber in seinem Funkgerät stecken, das er in der linken Brusttasche seiner Jacke trug. Der zweite Polizeibeamte, ein 23-jähriger Mann, erwiderte das Feuer und schoss zweimal auf den Angreifer. Dieser wurde beide Male im Oberkörper getroffen.

Vater kritisiert Polizei

Zu dem Einsatz war es gekommen, nachdem der 36-Jährige aus noch ungeklärten Gründen ausgerastet sein dürfte. Wie sein Vater später Medienvertretern erzählte, soll sein Sohn nach einem Wasserschaden in seinem Zimmer zunächst den Wasserhahn ausgerissen haben und dann aus dem Fenster gesprungen sein. Der zweite Sohn rief darauf in der Landesnervenklinik an, berichtete der Vater. Gekommen sei aber nicht die Rettung, sondern die Polizei, die den Mann in der Einfahrt des Einfamilienhauses antraf.

In einer ersten Reaktion gegenüber Journalisten nach dem Vorfall hatte der Vater kritisiert, sein Sohn sei von der Polizei "gleich niedergeschossen" worden. Gegenüber der Polizei dürfte er aber durchaus ausgesagt haben, dass sein Sohn dem Beamten die Waffe abgenommen und auf den Polizisten geschossen habe.

Für die Salzburger Exekutive ist der Vater des 36-Jährigen übrigens kein Unbekannter. Im Mai 2019 stellten Beamte in seinem Haus Kriegsmaterial, Munition, Waffenbestandteile und ein funktionsfähiges Maschinengewehr aus dem Zweiten Weltkrieg sicher. Der Mann soll das Kriegsmaterial im Internet zum Verkauf und Tausch angeboten haben. Zu einem Verfahren kam es bisher aber nicht, die Erhebungen laufen noch.

Viele Ermittlungsfragen

Parallel dazu sollen bei dem Einsatz in der vergangenen Woche rund 800 Gramm Cannabis in dem Haus gefunden worden sein. Wie Polizeisprecher Wolfgruber zur APA sagte, müsse aber zunächst geklärt werden, wem das Suchtgift gehörte. Der Sprecher der Salzburger Staatsanwaltschaft, Marcus Neher, erklärte am Donnerstag, dass man derzeit den Versuch des Mordes zum Nachteil des Polizeibeamten prüfe. Zugleich werde auch die Zurechnungsfähigkeit des 36-Jährigen beim Vorfall zu klären sein. Im Fall des Polizisten, der geschossen habe, um einen weiteren Angriff zu unterbinden, werde die Rechtmäßigkeit des Waffengebrauchs geprüft.

Dem bei dem Einsatz verletzten Polizisten geht es laut Wolfgruber den Umständen entsprechend gut. Er musste operiert werden, wurde aber nicht kritisch verletzt. (APA, 2.7.2020)