Microsoft-Boss Satya Nadella hat sein Unternehmen eigentlich in den vergangenen Jahren deutlich geöffnet. Die Vorgänge rund um den neuen Edge klingen aber wieder ziemlich nach dem alten Microsoft.

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Dass Microsoft von der neuen Generation seines Browsers Edge angetan ist, sei dem Unternehmen unbenommen. Die Art, wie man diesen den Usern regelrecht aufdrängt, führt nun aber zu einiger Aufregung unter Windows-Nutzern.

Mit einem aktuellen Update für Windows 10 liefert Microsoft die neue Edge-Generation auf Basis von Googles Chromium-Projekt für alle Nutzer des Systems. So weit, so unumstritten, immerhin wird hier nur der alte Edge durch die neuere Variante ausgetauscht. Was die User nun aber empört, ist das, was nach dem nächsten Neustart passiert.

Übernahme

Ungefragt präsentiert Microsoft einen bildschirmfüllenden Dialog, mit dem die Nutzer dazu gebracht werden sollen, von Chrome oder Firefox auf Edge zu wechseln. Eine Möglichkeit, diesen Dialog einfach wegzuklicken, gibt es nicht. Zudem wird das Edge-Icon ohne Nachfrage sowohl am Desktop als auch in der Taskbar platziert. Und selbst wenn man all die Aufforderungen von Microsoft erfolgreich hinter sich gebracht hat und wieder den eigenen Lieblingsbrowser verwenden will, kommt bei dessen nächstem Start erst recht wieder die Aufforderung, doch besser auf Edge zu wechseln.

Tiefpunkt

Eine Abfolge, die die "The Verge"-Autor Sean Hollister zu ziemlich deutlichen Worten verleitet: Das Ganze sei "ein neuer Tiefpunkt für Microsoft". Solche Taktiken seien sonst eigentlich nur von Spyware, Adware oder Erpressersoftware bekannt. Insofern sei auch unklar, was sich Microsoft davon eigentlich erhoffe. Immerhin schieße man sich damit ins eigene Bein. Der Dialog sorge dafür, dass ein guter Teil der User nie wieder etwas mit Edge zu tun haben wollen wird.

Vor allem aber unterwandere die Aktion das Vertrauen in das automatische Update-System von Windows. Wenn die Nutzer das Gefühl haben, dass Microsoft sie mit solchen Aktualisierungen zwangsbeglückt, werden sie auch misstrauischer gegenüber anderen Updates – was aus einer Sicherheitsperspektive äußerst unerfreulich wäre. Immerhin gibt es durchaus Updates, die besser automatisch und so flott wie möglich verteilt werden sollten.

Windows-7-Verblüffung

Doch es gibt noch einen weiteren Punkt, der für Verblüffung sorgt. Nämlich dass Microsoft die neue Version sogar den Nutzern von Windows 7 und Windows 8 aufdrängt. So mancher Nutzer empfindet es geradezu als Hohn, wenn nun nach einem unerwarteten Windows-Update ein bildschirmfüllender Dialog für die neue Browsergeneration präsentiert wird, während Microsoft parallel dazu nicht einmal mehr kritische Sicherheitslücken in dem Betriebssystem ausräumt.

Zu all dem passt dann irgendwie, dass Microsoft sogar bei der Umsetzung dieses Dialogs gepatzt hat. Wie sich nämlich herausstellt, werden dabei die Daten von Firefox oder Chrome schon vor der Zustimmung durch die User in Edge importiert – und erst später im Dialog wieder gelöscht, wenn die Nutzer nicht zustimmen. Damit bleiben die Daten auch ohne Zustimmung im Edge, wenn die User den Zwangsdialog genervt über den Task-Manager beenden. (red, 3.7.2020)