Zum nachträglichen Anbauen von Balkonen gibt es viele Ideen. Den Wienbalkon, zum Beispiel, ...

Visualisierung: Stützle/Wienbalkon

... oder einen Balkon von Easybalkon in Wien-Mariahilf.

Foto: easybalkon.at

Platz für einen Tisch, zwei Sessel und einen Blumentopf. Das würde vielen Menschen im Hochsommer schon genügen. Dann wächst bei vielen Menschen in der Hitze der Stadt die Sehnsucht nach einer Freifläche. Heuer dürfte dieser Wunsch durch den Corona-Lockdown noch ein wenig drängender sein – das berichtet die Immobilienbranche. Das bemerkt aber auch der Wiener Architekt Clemens Mayer, der mit seinem Unternehmen Easybalkon ein Modulsystem für den nachträglichen Anbau von Balkonen entwickelt hat. Rund 100 Balkone errichtet er pro Jahr.

Mayer beobachtet aktuell vermehrt Anfragen von Eigennutzern, die sich ihr Zuhause verschönern wollen. Allerdings ist für einen Balkonanbau neben behördlichen Genehmigungen auch die Zustimmung aller Miteigentümer notwendig. Daran scheitert es oft, erzählt Mayer. Nur ein Bruchteil der Anfragen, die ihn ereilen, kann aus diesem Grund realisiert werden. In manchen Häusern habe es in der Vergangenheit Kränkungen gegeben, weshalb man dem Nachbarn jetzt "sogar in vermeintlich guten Lagen und bei Häusern im Familienbesitz" keinen Balkon vergönnt: "Teilweise mutet das wie in einer Posse an."

Persönliches Gespräch

Immer wieder werde versucht, sich die fehlende Zustimmung des Miteigentümers in Wien bei der Schlichtungsstelle ersetzen zu lassen. Manchmal mit Erfolg, wie Mayer berichtet. Etwa, als ein straßenseitiger Geschäftsmieter den Balkon eines Eigentümers im zweiten Hof verhindern wollte, weil er eine offene Rechnung mit ihm hatte. Wenn die Interessen des Nachbarn aber tatsächlich berechtigt sind, sei die Situation natürlich ungleich schwieriger.

Grundsätzlich rät Mayer seinen Kunden stets zum persönlichen Gespräch mit den Nachbarn, "per Mail ist schnell Nein gesagt", sagt er. Oft gehe es den Nachbarn darum, dass ihre Ängste und Bedürfnisse gehört werden. Am Ende komme es in vielen Fällen zur Einigung. Manchmal besteht diese auch darin, dass sich alle Eigentümer zusammentun und das ganze Haus mit Balkonen ausgestattet wird.

Eines fällt Beobachtern immer wieder auf: Balkone sind wahnsinnig begehrt, aber nach der anfänglichen Euphorie – und dem kostspieligen Besuch im Einrichtungshaus – werden sie kaum genutzt. Mayer versucht eine Erklärung: Oft würden Möbel gekauft, die den ganzen Balkon anfüllen – und dann keine weitere Nutzung mehr zulassen. "Dann gibt es schon manchmal die Enttäuschung, dass der Balkon nicht so ausschaut wie auf Pinterest." Daher will man bei Easybalkon künftig in der Planung vermehrt erkunden, wie Kunden ihren Balkon später nutzen möchten – ob als Lounge-Bereich mit Sitzmöbeln oder doch lieber zum Gärtnern in der Großstadt.

Der Balkon als Möbelstück

Der Wiener Architekt Caspar Nikolaus Stützle nimmt Kunden mit seinem "Wienbalkon" diese Entscheidung in gewisser Weise ab. Sein Balkon ist als "Fassadenmöbel" konzipiert, er besteht aus einer Eckbank mit integrierten Pflanzentrögen und Wasserreservoir.

Das Besondere an seinem Konzept: Unterhalb der Eckbank ist der Balkon abgeschrägt. Damit nimmt man den Nachbarn von unten weniger Licht als bei einer herkömmlichen Konstruktion. So kann der Balkon kompakter gehalten werden. Damit könne man zögerliche Nachbarn eher überzeugen, meint Stützle. Die Größe des Balkons und das Balkongeländer sind flexibel gestaltbar. Damit sei beispielsweise möglich, dass sich der Balkon auch straßenseitig in die gründerzeitliche Fassadengestaltung einfügt, ist Stützle optimistisch.

Mit seinem Wienbalkon will der Architekt Stadtbewohnern nicht nur ein Stück Freiraum geben. Er will damit "hängende Gärten" in die Stadt bringen – und vielleicht sogar ein Stück Italien, wo das Leben auf dem Balkon laut Stützle einen anderen Stellenwert hat.

Behördenwege dauern

Bisher gibt es vom Wienbalkon erst einen Prototyp, auf dem aber bereits Probe gesessen werden kann. Stützle hat ein Patent für sein Konzept angemeldet, demnächst will er in den Vertrieb gehen – und im heurigen Sommer noch loslegen.

Sind alle Hürden genommen, ist das tatsächliche Montieren eines Balkons bei beiden Anbietern relativ unkompliziert. Klar ist aber: Für Spätentschlossene wird sich das Chillen in Balkonien heuer nicht mehr ausgehen. Denn auch die Behördenwege dauern. "Wir sagen immer: Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, für das kommende Jahr zu starten", sagt Clemens Mayer. Denn auch der nächste Sommer kommt bestimmt. (Franziska Zoidl, 4.7.2020)