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Tagbau in der Nähe des Hambacher Forsts.

Foto: AP/Martin Meissner

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Protest gegen Kohleabbau im sächsischen Lippendorf.

Foto: AP/Jens Meyer

Berlin – Der deutsche Bundestag hat am Freitag den Kohleausstieg bis spätestens 2038 beschlossen. Das Gesetz sieht eine schrittweise Beendigung der klimaschädlichen Kohleverstromung vor. 314 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 237 votierten dagegen.

Wegen zunächst unklarer Mehrheitsverhältnisse musste die Abstimmung in Form eines sogenannten "Hammelsprungs" wiederholt werden, bei dem die Angeordneten einzeln gezählt werden. Im Anschluss befasst sich noch der Bundesrat mit dem Gesetz.

Millardenschwere Strukturhilfen

Zuvor hatte das Parlament bereits einem Gesetz über Strukturhilfen für die betroffenen Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg zugestimmt. Am Freitag entscheidet auch der Bundesrat (Länderkammer) über die Gesetze.

Kohle hat in Deutschland traditionell einen hohen Anteil an der Stromversorgung, denn Europas größte Volkswirtschaft verfügt über große heimische Braunkohlevorkommen. Wegen steigender Emissionspreise ist der Kohleanteil aber schon deutlich gesunken. Im vergangenen Jahr stammten noch 18,8 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms aus heimischer Braunkohle und 9,4 Prozent aus importierter Steinkohle.

Kraftwerksbetreiber werden entschädigt

Um das Ausstiegsgesetz hatte es unter anderem wegen der hohen Kosten heftige Diskussionen gegeben. Die Strukturhilfen für die Länder belaufen sich auf rund 40 Milliarden Euro, für die Kraftwerksbetreiber sind Entschädigungen von rund 4,3 Milliarden vorgesehen. Umweltschützer fordern einen deutlich schnelleren Kohleausstieg.

In der Debatte verteidigte der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das Gesetz als "rechtssicher, wirtschaftlich vernünftig, sozial ausgewogen". "Wir haben eine gute Balance gefunden", sagte Altmaier. Das Vorhaben sei ein "Generationenprojekt". Mit Blick auf die milliardenschweren Hilfen für die betroffenen Kohleregionen sagte der Minister, die deutsche Regierung strebe zugleich Wohlstand und Klimaverträglichkeit an.

Opposition kritisch

Scharfe Kritik an den Plänen für den Kohleausstieg kam von der Opposition. Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock warf der großen Koalition vor, den in der Kohlekommission gefundenen Kompromiss "einseitig aufgehoben" zu haben. Das Ausstiegsgesetz sei ein "Kohleverlängerungsgesetz" für 18 weitere Jahre. Auch der Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin kritisierte, dass im Rahmen des Gesetzes auch künftige Regierungen an die Kohleverstromung gebunden seien.

Der FDP-Energieexperte Martin Neumann bemängelte das Fehlen privatwirtschaftlicher Anreize im Gesetz der Regierung. Die große Koalition schaffe mit dem Gesetz zudem keine Rechtssicherheit. Die AfD bezeichnete das Vorhaben als "verantwortungslos" gegenüber der Bevölkerung in den Kohleregionen.

Greenpeace-Protest

Umweltschützer haben für einen rascheren Kohleausstieg protestiert. Greenpeace-Aktivisten kletterten in Berlin auf das Dach des Reichstagsgebäudes. Unter dem Schriftzug "Dem deutschen Volke" brachten sie ein großes Transparent mit der Aufschrift "Eine Zukunft ohne Kohlekraft" an. Der Kohleausstieg könne und müsse schneller gehen. Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser nannte die Gesetze zum Kohleausstieg einen "historischen Fehler".

Das Greenpeace-Transparent auf dem Reichstag.
Foto: AFP/TOBIAS SCHWARZ

Die deutsche Regierung will in den Jahren 2026, 2029 und 2032 die Folgen des Kohleausstiegs auf die Versorgungssicherheit und die Entwicklung der Strompreise überprüfen. Untersucht werden soll auch, ob die Reduzierung der Kohleverstromung vorgezogen kann und damit der Kohleausstieg bis 2035 erfolgen kann. (APA, Reuters, 3.7.2020)