Vermutlich war ihre Performance noch nie so vielen Genossen so wurscht wie derzeit: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.

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Wenn Sozialdemokraten in diesen Wochen besorgt zum Himmel schauen, dann tun sie das nicht unbedingt aus Angst vor schlechtem Urlaubswetter. Vielmehr sind Kaltfronten durchaus erwünscht. Backofentemperaturen könnten die Klimadebatte von neuem befeuern – und so der grünen Konkurrenz bei der Wien-Wahl im Herbst nützen. Bisher aber blieb die Hitzewelle zum Glück aus.

Meteorologisch herrscht also ein gedeihliches Klima – aber gilt das auch bundespolitisch? Gemessen an den Umfragedaten: nein. Zuletzt lag die SPÖ bei 17 bis 20 Prozent und damit unter den 21 Prozent bei der Nationalratswahl im Vorjahr, die ihrerseits schon ein historischer Tiefstand waren.

Dabei hätten mit Anfang Mai bessere Zeiten anbrechen sollen. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hatte die von ihr angezettelte Mitgliederbefragung ohne neuen Schaden – sie selbst meint sogar: gestärkt – überstanden. Mit Ende des Lockdowns sollte sich die Themenlagen günstig drehen, hofften Genossen: Debatten über Arbeitslosigkeit, Verteilungsfragen und soziale Nöte müssten der SPÖ doch entgegenkommen.

Untergegangene Opposition

Auf diesen Feldern versucht Rendi-Wagner seither konsequent zu punkten. Ob für Künstler, Sportler oder arbeitslose Jugendliche, die im Fokus der Klubtagung am Montag stehen sollen: Die SPÖ stilisiert sich zur Anwältin all jener, die bei türkis-grünen Hilfsprogrammen zu kurz kommen oder das zumindest so empfinden.

Doch Pressekonferenzen in Serie ergeben noch keine schlagkräftige Kampagne – und das Durchkommen fällt derzeit schwer. Immer noch liefert die Corona-Krise Anlässe am laufenden Band, um die Regierung ins Rampenlicht zu ziehen, da geht die Opposition oft unter. So etwa vergangene Woche: Rendi-Wagner hatte die Aufstockung der Corona-Tests gefordert, eine Frage, bei der sie als Ärztin Glaubwürdigkeit genießt. Doch wenn die Entscheidungsträger gleichzeitig auf den jüngsten Corona-Cluster in Oberösterreich reagieren, dann hat das nun einmal mehr Gewicht als eine bloße Forderung von außerhalb der Macht. Einmal mehr gehörten die Schlagzeilen der Regierung.

Wegweisende Wien-Wahl

Fehler, die ihre Arbeit hintertreiben, hat Rendi-Wagner seit der Mitgliederbefragung keine gemacht – zumindest nicht solche, die ihre Gegner genüsslich auswalzen. Ohnehin richten sich alle Augen derzeit weniger auf die Auftritte der Frontfrau als auf die Wien-Wahl, die auch für die SPÖ abseits der Hauptstadt als wegweisend gilt. Setzt es in der Hochburg ein Schlappe, könnte die Partei ein Todestrieb erfassen. Doch Umfragen bescheinigen den Wiener Genossen derzeit Aufwind, ihnen nützt, was Rendi-Wagner schadet: Eine Krise wie diese stärkt, sofern kein grobes Versagen passiert, erst einmal die Machthaber.

Die Bundespartei hat die Wien-Kampagne wohl nicht beflügelt, dieser aber auch nicht geschadet, vermutlich lässt sich sagen: Noch nie zuvor war Rendi-Wagners Performance so vielen Genossen so wurscht wie derzeit. Im Vergleich zur vielen Kritik von früher ist das ein Fortschritt – für Aufbruchstimmung in der gesamten Sozialdemokratie aber zu wenig.
(Gerald John, 6.7.2020)