Ob der Bahnausbau das Klima retten kann, hängt davon ab, wie viele Güter in Zukunft mit der Bahn transportiert werden.

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In normalen Zeiten hätte der Sonderbericht des EU-Rechnungshofes zu milliardenschweren Verkehrsprojekten für den Lückenschluss der transeuropäischen Verkehrsnetze ein politisches Erdbeben ausgelöst. Planlos, ahnungslos und lausig koordiniert pumpten EU-Kommission und Nationalstaaten Milliarden an Steuerzahlergeld in Bahnen und Autobahnen, heißt es darin. Es sei nicht klar, ob sich der vielbeschworene verkehrswirtschaftliche Nutzen von Brenner-Basistunnel und Co je einstellen werde, weil die Verkehrsprognosen ungefähr genauso realistisch sind wie die Kostenschätzungen der geförderten Projekte.

Dank Corona sind die Zeiten aber nicht normal. Jetzt werden die Milliarden in Beton als Green Deal gepriesen – obwohl den Verkehrsverlagerern längst dämmern müsste, dass sich das Problem mit der Güterverlagerung nicht von selbst erledigen wird, wenn nur genug Löcher in Berge gebohrt werden. Der klimaschützende Effekt steht und fällt mit der Güterverlagerung auf die Bahn. Blöderweise stagniert aber der Bahngüterverkehr. Gegen den Pkw-Verkehr, der mehr schädliche Treibhausgase verursacht als Lkws, hilft ohnehin keiner dieser Megatunnels, sondern nur Pendlerzüge im Minutentakt. Zu den enormen Kosten des über den grünen Klee gelobten Bahnausbaus kommen also auch noch höhere Treibhausgasemissionen durch den Bau. Der Nutzen wird, wenn überhaupt, in 25 Jahren eingefahren, vielleicht aber erst in fünfzig. Oder nie. (Luise Ungerboeck, 6.7.2020)